Fairchild 45-80 Sekani

24.06.2015 EK
Fairchild 45-80 Sekani
Fairchild 45-80 Sekani (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Fairchild 45-80 Sekani hätte ein zweimotoriges Verkehrsflugzeug werden sollen, blieb wegen ihrer schlechten Flugleistungen am Markt jedoch chancenlos.

Fairchild 45-80 Sekani

Nach den Erfolgen die Sherman Fairchild mit seinen leichten einmotorigen Verkehrsflugzeugen in den späten 1920iger und den 1930iger Jahren erzielt hatte, mußte man, um weiter erfolgreich zu sein, ein zweimotoriges Verkehrsflugzeug entwickeln, weil die US-Regierung nach einer Reihe von Unfällen mit einmotorigen Verkehrsflugzeugen durch Motorausfall während des Fluges, ein Verbot einmotoriger Verkehrsflugzeuge beschlossen hatte. Die neue Fairchild sollte als zweimotoriges Flugzeug den neuen gesetzlichen Anforderungen genügen, gleichzeitig aber auch als ziviles oder militärisches Transportflugzeug einsetzbar sein. Besonders von der militärischen Verwendbarkeit rechnete man sich große Erfolgsaussichten aus. Da die Royal Canadian Air Force, aber auch Canadian Airways und die Mackenzie Air Service (MAS) 1936 ein universell einsetzbares zweimotoriges Flugzeug suchten, das von unbefestigten Pisten und mit Schwimmern von den unzähligen Seen und Flüssen aus operieren konnte, entschloss sich Sherman Fairchild, das neue Flugzeug bei der kanadischen Tochter, der Fairchild Aircraft Ltd. in Longeuil (Quebec) und nicht wie ursprünglich geplant bei der Mutterfirma Fairchild Aviation Corporation in Farmingdale (New York), entwickeln und fertigen zu lassen.

1936 hatte Fairchild Nathan Floyd Vanderlipp, den ehemaligen Chefkonstrukteur von Bellanca, zum Geschäftsführer und Chefkonstrukteur bei seiner kanadischen Firma ernannt und ihm als vorrangige Aufgabe die Entwicklung des neuen zweimotorigen Flugzeuges  übertragen. Das Flugzeug erhielt die Bezeichnung Fairchild 45-80 und den Eigennamen Sekani. Sekani nannten sich ein Stammesverband der   Ureinwohner Kanadas. Mitte 1936 begannen Vanderlipp und sein Team, zu dem auch Elsie Gregory MacGill gehörte, die ursprünglich graduierte Ingenieurin für Elektrotechnik war und weltweit zur ersten weiblichen Entwicklungsingenieurin im Flugzeugbau wurde. Bei Fairchild hatte sie bereits an den Flugzeugen Super 71 und 71 P mitgearbeitet. Unter Vanderlipp wurde sie stellvertretende Entwicklungsleiterin der Fairchild Aircraft Ltd.

Fairchild 45-80 Sekani (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale der Fairchild 45-80 Sekani

Vanderlipps Entwurf sah einen zweimotorigen Anderthalbdecker in Gemischtbauweise mit großem Rumpf mit rechteckigem Querschnitt, Normalleitwerk  und einziehbarem Heckradfahrwerk vor. Das Fahrwerk sollte problemlos gegen ein Schwimmerpaar austauschbar sein. Der  Entwurf war das bis dahin größte Flugzeug, das bei Fairchild realisiert werden sollte. Bei der Auslegung der Maschine ließ sich das Entwicklungsteam  stark von den beiden bereits in der Erprobung stehenden Konstruktionen Lower 48 und Timm T-S140  leiten. Der konstruktive Aufbau der neuen Maschine folgte dem Aufbau aller vorheriger einmotorigen Verkehrsflugzeuge Fairchilds. Der geräumige Rumpf  mit nahezu rechteckigem Querschnitt bestand aus einem Gerüst aus geschweißten Chrom-Molybdän-Stahl Rohren, das mit Stringern aus Vierkantprofilleisten des gleichen Materials  zusätzlich verstärkt war. Teilweise wurden die einzelnen Bereiche auch noch durch gekreuzte Drahtseile verspannt. Die Außenhaut bestand aus aufgeschraubten Sperrholzplatten, die teilweise formgepreßt waren. Die geschlossene Pilotenkabine war großzügig verglast und bot den beiden Piloten einen geräumigen Arbeitsplatz. Zur Passagierkabine wurde sie durch eine Querwand mit Tür abgegrenzt. Die Passagierkabine bot je nach Bestuhlung zwischen vier und 12 Personen in bequemen Einzelsesseln Platz, wobei jeder Platz über ein eigenes rechteckiges Fenster verfügte. Die Kabine war schallgedämpft und verfügte über Heizung und Frischluftversorgung für jeden Sitz. Die Sitze konnten relativ schnell ausgebaut werden, sollte das Flugzeug als Frachtmaschine eingesetzt werden. Der Zugang erfolgte über eine große Zugangsluke, die sich auf der linken Rumpfseite hinter den Tragflächen befand. An die Passagierkabine schlossen sich, jeweils durch Trennwände abgegrenzt, noch ein Waschraum mit Toilette, eine Garderobe und der Gepäckraum an.  Die obere Tragfläche war zweiholmig aufgebaut, wobei die Holme durch den oberen Rumpf hindurch gingen. Die Holme waren aus Holz und trugen Rippen aus Leichtmetall, der Nasenholm war aus Sperrholz. Die Tragflächenoberseite war bis zum zweiten Holm mit Sperrholz verkleidet, während das hintere Teilstück und die Tragflächenunterseite stoffbespannt waren. An den Hinterkanten befanden sich Außen zu den Randbögen hin die Querruder, die eine stoffbespannte Metallkonstruktion waren, ebenso wie die sich zum Rumpf hin anschließenden Landeklappen. Die oberen Tragflächen trugen die beiden Pratt & Whitney Sternmotoren, die mit einer NACA Haube aus Leichtmetall strömungsgünstig verkleidet waren. Nach hinten gingen die Motorgondeln sauber oben und unten in die Tragfläche über. Beide Motoren waren so nahe wie nur möglich an die neutrale Längsachse des Flugzeuges herangerückt, um im Falle des Ausfalls eines Motors keine zu großen  asymmetrischen Radialkräfte wirken zu lassen. Der untere, kürzere Tragflügel war eine Ganzmetallkonstruktion aus Stahlrohren mit Stahlblechverkleidung, wobei die beiden Holme unter dem Kabinenboden durch den Rumpf liefen. In dem unteren Tragflügel befand sich der Kraftstofftank. Von den Motorgondeln des oberen Tragflügels ging ein aerodynamisch geformter N-Stiel aus leichtmetallrohren zum unteren Tragflügel und gab so den beiden Tragflächen einen festen Verbund. Unter den unteren Tragflächen war das Hauptfahrwerk dort angebracht, wo der N-Stiel mit dem vorderen und dem hinteren Hauptholm verbunden war. Das Hauptfahrwerk konnte hydraulisch nach hinten geklappt werden, wobei das Rad zur Hälfte in einer Vertiefung in der Tragflächenunterseite verschwand. Der herausragende Teil diente dem Schutz der unteren Tragflächen und des Rumpfbodens bei Notlandungen. Das Radfahrwerk konnte gegen ein Schwimmerwerk ausgetauscht werden, das zusätzlich mit einer V-Strebe zum hinteren Rumpfboden abgestützt wurde. Die 45-80 war übrigens das erste kanadische Flugzeug, das über ein einziehbares Fahrwerk verfügte. Die einstufigen Schwimmer aus Leichtmetall  waren in sechs wasserdichte Sektionen aufgeteilt, von denen die mittleren beiden als zusätzliche Kraftstofftanks dienten. Das Seitenleitwerk war ebenfalls eine Stahlrohrkonstruktion, die im vorderen Teil mit Sperrholz, sonst mit Stoff verkleidet war. Das stoffbespannte Seitenruder ging mit einem Radius in den Rumpfrücken und in den unteren Rumpf über und wurde mittels Seilzügen bewegt und verfügte über eine Trimmklappe aus Ganzmetall. Das durchgehende Höhenleitwerk lag auf dem Rumpfrücken auf und wurde mit je einer V-Strebe zum Rumpf hin abgestützt. Es war ebenfalls eine geschweißte Stahlrohrkonstruktion, die mit Sperrholz und Stoff verkleidet war, ebenso die Höhenruder, die über Trimmklappen verfügten, die ebenfalls mittels Seilzügen betätigt wurden.

Fairchild 45-80 Sekani (Archiv: Eberhard Kranz)

Flugerprobung der Fairchild 45-80 Sekani

Ende April 1937 war die 45-80 fertig gestellt und zur Bodenerprobung bereit. Seitens der kanadischen Luftfahrtbehörde erhielt sie die Kennung CF-BHD. Während der Bodenerprobung mußten zahlreiche Änderungen durchgeführt werden, so dass der Erstflug immer wieder verschoben werden mußte. Erst am 24. August 1937 starteten die beiden Fairchild Werkspiloten  Alec Schneider und Jules Sesia zum Erstflug. Sie waren mit den Flugeigenschaften und den Leistungen der Maschine überhaupt nicht zufrieden und erarbeiteten eine lange Mängelliste. Besonders kritisch war das Steuern der Maschine. Durch einen Fehler beim Umlenken der Steuerseile kam es zu dem Effekt, wenn der Pilot nach links fliegen wollte, daß die Maschine sich nach rechts wendete. Zudem reagierte sie sehr langsam auf die Steuerbewegungen, die Steuerkräfte waren dabei so extrem hoch, daß Alec Schneider beim Versuch, die Maschine wieder zu landen, Teile des Steuerhorns abriss. Es wurde von Zeitzeugen bestätigt, daß nach der Landung Schneider wutentbrannt auf Vanderlipp losstürmte und ihm mit dem abgerissenen Steuerhorn vor dem Gesicht herumfuchtelte. Auch die Trimmung funktionierte nicht, das ganze Flugzeug erwies sich als instabil um alle Achsen, dazu kam eine starke Kopflastigkeit.  Auch erwiesen sich die beiden Pratt & Whitney R-985 als zu leistungsschwach für das große Flugzeug.

Fairchild 45-80 Sekani (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Fairchild 45-80 Sekani hatte viele Mängel

Man begann die Mängel abzustellen, denn so war das Flugzeug nicht marktfähig.  Im Herbst 1937 kamen der Besitzer der Mackenzie Air Service Ltd. (MAS) aus Edmonton Wilfred Leigh Britnell und ein Pilot der Gesellschaft nach Longeuil um die Maschine zu besichtigen, ob sie für die Gesellschaft eine Alternative zu den momentan verwendeten einmotorigen Flugzeugen darstellte. Beim ersten Flug bemerkten sie ein ungewöhnliches Flugverhalten und landeten sofort wieder. Bei der Überprüfung stellte man fest, daß sich das Seitenruder während des kurzen Fluges um 10 Zoll (25,4 cm) verschoben hatte und drohte aus den Lagerungen zu rutschen. Nach der Reparatur fanden noch einige weitere Testflüge statt, aber es war schnell klar, das die Sekani keine wirtschaftliche Alternative zu den momentan eingesetzten Maschinen darstellte, besonders nicht zu den neuen Noorduyn „Norseman“.

Inzwischen war im Februar 1938 die zweite Sekani mit der Kennung CF-BHE fertiggestellt und mit einem Skifahrwerk ausgerüstet worden. Alec Schneider und der Senior Engineer von Fairchild S.J. Griffith flogen die Maschine nach Edmonton zu MAS aber Britnell wollte das Flugzeug nicht und so flogen  sie die Maschine zurück nach Loneuil. Nachdem endgültig klar war, daß Britnell und seine MAS die Sekani nicht kaufen würden, übergab man die CF-BHD der Royal Canadian Air Force zur Erprobung. Diese stellte dafür ein Erprobungsteam aus vier erfahrenen Piloten und Ingenieuren zusammen, Wg Cdr. A.B. Shearer, Sqn Ldr C.R. Slemon sowie die Fit Lts R.C. Hawtrey und L.E. Wray, die die Maschine auf ihre Verwendbarkeit als Transportflugzeug und als Fotoaufklärer testen sollten. Am 21. Oktober 1937 erstellten sie den Abschlußbericht, worin man zu dem Ergebnis kam, dass die Fairchild 45-80 Sekani für die RCAF ungeeignet ist, besonders ihr Flugverhalten und die schwachen Flugleistungen wurden erwähnt, positiv schätzte man das Verhalten bei Wasserlandungen mit den Schwimmern ein, während ein Start mit maximaler Abflugmasse bereits bei Wellenhöhen von 5 Zoll (12,7 cm) stark beeinträchtigt war.

Die Fairchild 45-80 Sekani war ein grosser Misserfolg

Drei weitere Exemplare die sich bereits im Bau befanden wurden daraufhin verschrottet. Die beiden Mustermaschinen CF-BHD und CF-BHE stellte man im Hangar von Loneuil ab, wo sie später auch verschrottet wurden. Vanderlipp wurde entlassen und Fairchild trug das Projekt einen Verlust von 1,5 Millionen US-Dollar  ein, was die Firma fast in den Konkurs trieb.

Die Fabrik  in Loneuil erhielt aber von der britischen Regierung im Rahmen der Schattenfabriken im Herbst 1938 den Auftrag  die Bristol Blenheim IV in Lizenz zu fertigen, die in Kanada „Bolli“ genannt wurde. Bis zum Auslaufen der Serie baute Fairchild in Kanada 626 Exemplare der Blenheim. Dieser Auftrag hat die kanadische Fairchild Fabrik, vielleicht sogar die gesamte Fairchild Gruppe, vor dem Konkurs bewahrt.

Fairchild 45-80 Sekani (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Fairchild 45-80 Sekani

Land: USA, Kanada

Verwendung: Passagier- und Transportflugzeug

Triebwerk: zwei  luftgekühlte Neun-Zylinder-Sternmotoren Pratt & Whitney R-985 Wasp Junior mit Zentralkompressor und verstellbaren Zweiblatt-Holzpropellern System Fairchild

Startleistung:  je 400 PS (294 kW)

Dauerleistung: je 360 PS  (275kW) in 3.800 m  

Baujahr: 1937

Besatzung: 2 Mann

Passagiere: je nach Ausstattung  6-12

Erstflug: 24. August 1937

Abmessungen:

Spannweite obere Tragfläche:  17,40 m

Spannweite untere Tragfläche:   5,88 m

Länge: 11,94 m

größte Höhe: 3,60 m

Spannweite Höhenleitwerk:  7,35 m

größte Flügeltiefe Oberflügel: 2,78 m

größte Flügeltiefe Unterflügel: 2,48 m

Propellerdurchmesser: 2,65 m

Propellerfläche: 5,52 m²

Rumpfbreite:  1,80 m

Rumpfhöhe:  1,92 m

Kabinenlänge: 5,17 m

Kabinenbreite: 1,45 m

Kabinenhöhe:  1,62 m

Spurweite:  3,96 m

Radstand:    7,68 m

Länge der Schwimmer:  8,82 m

Flügelfläche: 41,80 m²

V-Form: 2°

Flügelstreckung: 7,24

Massen:

Leermasse: 2.767 kg  (Radfahrwerk)                  3.170 kg  (Schwimmerversion)

Startmasse normal: 4.160 kg    für beide Versionen

Startmasse maximal: 4.536 kg  für beide Versionen

Tankinhalt: 570 Liter

Flächenbelastung: 108,52 kg/m²

Leistungsbelastung: 5,67 kg/PS  (7,71 kg/kW)

Leistungen:

Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 314 km/h Radversion

                                                              282 km/h  Schwimmerversion

Höchstgeschwindigkeit in 4.400 m:       325 km/h Radversion

                                                              291 km/h Schwimmerversion  

Marschgeschwindigkeit in  3.800 m:     275  km/h Radversion

                                                              250  km/h Schwimmerversion

Landegeschwindigkeit:                         120 km/h  Radversion

                                                              105 km/h  Schwimmerversion

Gipfelhöhe: 6.705 m

Reiseflughöhe: 4.570 m

Steigleistung: 6,0 m/s  Radversion

Steigzeit auf 1.000 m:  3,0 min

Steigzeit auf 3.800 m:  15 min

Steigzeit auf 5.000 m:   22 min

Reichweite normal: 780 km

Reichweite maximal: 920 km

Flugdauer: 3,50 h

 

Text: Eberhard Kranz

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