McDonnell Model 119
McDonnell Model 119, Land: USA Die McDonnell Model 119 sollte ein kleineres, militärisches Transportflugzeug werden, das auch für Schulungszwecke bei der USAF eingeführt werden sollte. Das vierstrahlige Flugzeug wurde abgelehnt, daraufhin wollte man mit dem Model 120 ein Firmenflugzeug auf den Markt bringen. Die Zeit für einen solchen Jet war jedoch noch nicht gekommen. Spannweite: 17,55 m, Länge: 20,27 m, Geschwindigkeit: 837 km/h.
Mitte der 1950iger Jahre schrieb die US Air Force einen Wettbewerb zur Schaffung eines leichten, aber sehr leistungsfähigen Transportflugzeuges aus, das ebenfalls als Besatzungstrainer Verwendung finden sollte. Die Bezeichnung in der Ausschreibung war UTX/UCX (Utility-Trainer-Experimental/Utility-Cargo-Experimental), später sollten die Serienmaschinen als C-140 bezeichnet werden. Gefordert wurde die Verwendung von Strahltriebwerken, vorzugsweise Pratt & Whitney JT12, eine Höchstgeschwindigkeit von 490 miles/hour (788 km/h), eine Gipfelhöhe von 45.000 feet (13.716 m), eine Mindestreichweite von 2.200 miles (3.540 km) und eine Nutzlast von 3.405 kg. Die Ausschreibung ging unter anderem an Beech, Boeing, Fairchild, Lockheed, McDonnell und North American. Die UTC Ausführung sollte über zwei Strahltriebwerke verfügen und das Siegermodell sollte in 1.200 Exemplaren für die USAF beschafft werden, während die UXC Ausführung über vier Triebwerke verfügen sollte, wobei dem Gewinner der Ausschreibung 300 Exemplare abgenommen werden sollten. Während man bei Boeing, Lockheed oder Fairchild auf reiche Erfahrungen beim Bau von Transport- und Verkehrsflugzeugen aller Größen zurückgreifen konnte, lediglich die geforderten Strahltriebwerke waren für einige Hersteller neu, stellte dieses Gebiet für die McDonnell Aircraft Corporation in St. Louis völliges Neuland dar, da man bisher eigentlich nur Jagd- und Jagdbombenflugzeuge für die US Air Force ( zum Beispiel die XF-85 Goblin, XF-88 oder F-101 Voodoo) und die US Navy (zum Beispiel die F2H Banshee, F3H Demon, FH-1 Phantom, A-4 Skyhawk oder F-4 Phantom II) gebaut hatte. Firmenchef J.S. McDonnell sah in dieser Ausschreibung aber die Möglichkeit, später den Zugang in den Markt ziviler Flugzeuge zu finden und berief eine Reihe seiner besten und erfahrensten Mitarbeiter in das neu zu bildende Entwicklungsteam, das unter der Leitung von Ralph Harmon stand. Mitglieder waren unter anderem als Projektingenieur Fred Steele, Gil Fleming als Fertigungsleiter und als General Manager Robert Hage, der von Boeing gekommen war. Das Team begann 1956 mit der Entwicklung des Entwurfs, der intern als Model 119 bezeichnet wurde. Von der Unsicherheit des Projektteam zeugt, dass insgesamt 34 verschiedene Ausführungen im Luftkanal getestet wurden, bevor man sich auf eine endgültige Ausführung festlegte.
Hauptkonstruktionsmerkmale der McDonnell Model 119
Das Model 119 war als Tiefdecker in Ganzmetallschalenbauweise mit fast kreisrundem Rumpfquerschnitt einziehbarem Bug- und Hauptfahrwerk und Normalleitwerk ausgelegt. Die Tragflächen, Höhen- und Seitenleitwerksflossen waren gepfeilt. Die vier Triebwerke hingen an Pylonen unter den Tragflächen. Die Maschine ähnelte entfernt einer verkleinerten B-66, allerdings mit vier Triebwerken. Andere Betrachter meinten den Einfluß von Robert Hage zu erkennen, der bei Boeing an der Entwicklung der 707 führend beteiligt gewesen war. Der Rumpf verfügte über eine Druckkabine für die vorgesehenen 10 Fluggäste, sowie für die dreiköpfige Besatzung im Cockpit. Hinter der Passagierkabine befanden sich die Pantry sowie ein Waschraum mit Toilette. Der Gepäckraum war im Rumpfheck untergebracht. Der Zugang zur Maschine für Besatzung und Passagiere erfolgte über eine Tür auf der linken Rumpfseite. Vor der Passagierkabine befanden sich ein weiterer kleiner Gepäckraum und eine Garderobe. Die Passagierkabine war mit 10 bequemen Einzelsesseln ausgestattet, jeder Passagier hatte ein Fenster für sich, Die Fenster waren rechteckig mit abgerundeten Ecken und höher als breit. Das jeweils dritte Fenster auf beiden Seiten war als Notausstieg, von dem man auf die Tragflächen gelangte, gedacht. Die Kabine war 9,28 m lang und 1,88 m hoch und hatte einen durchgehenden ebenen Fußboden. Die Tragflächen waren ebenfalls in Ganzmetallbauweise ausgeführt, hatten einen durchgehenden Hauptholm, während der Nasenholm als Formhasten ausgeführt war. Die optimale Pfeilung hatte man 38 Grad ermittelt. Die Tragflächen waren nach hinten zum Rumpf großzügig ausgerundet, was in diesem Bereich zu einer stattlichen Flügeltiefe von 5,26 m führte. Die gesamte Tragflächenhinterkante diente der Aufnahme der Querruder und der Bremsklappen. Neben den Integraltanks bot der Tragflügel auch Platz für das einrädrige Hauptfahrwerk, das hydraulisch um 90 Grad geschwenkt und dann nach Hinten in die Flügelwurzeln eingefahren wurde. Das Höhenleitwerk aus Ganzmetall war ebenfalls mit 38 Grad gepfeilt. Das gepfeilte Seitenleitwerk war schmal aber relativ hoch und ging in einem eleganten Bogen nach vorn in den Rumpf über. Als Triebwerke sollten vier Pratt & Whitney JT12 dienen, die sich aber bei Projektbeginn noch in der Entwicklung befanden. Die Triebwerke waren einzeln an Pylonen unter den Tragflächen aufgehängt und sollten so den Rumpf und die Tragflächen bei Notlandungen schützen. Firmenchef J.S. McDonnell war mit dem Entwurf so sehr zufrieden, daß er beschloß, nach Einreichen der Unterlagen beim Air Force Selection Board, um keine Zeit zu verlieren auf eigenes Risiko mit dem Bau eines Prototypen zu beginnen.
Flugerprobung der McDonnell Model 119
Am 6. Juli 1957 war das Mockup in St. Louis fertiggestellt. Nach einigen kleineren Änderungen begann man mit der Teilkonstruktion und dem Bau des Prototypen. Am 19.März 1958 wurde das Mockup und der im Bau befindliche Prototyp von einer 45 köpfigen Kommission des Evaluation Teams des Air Force Selection Board besichtigt und man teilte McDonnell mit, dass man mit dem Model 119 das Siegermodell des Wettbewerbs gesehen habe. Inzwischen hatte Pratt & Whitney mitgeteilt, daß das JT12 Triebwerk in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stehen würde, also war man bei McDonnell gezwungen auf das Westinghouse J 34, ein Axialtriebwerk mit einem 11 stufigen Verdichter und einer zweistufigen Turbine umzurüsten. Das Triebwerk hatte keine verstellbare Schubdüse und zu dieser Zeit verfügte es auch noch über keinen Nachbrenner. Mit 544 kg Gewicht war es um etwa 30 kg schwerer als das projektierte JT 22 und auch mit einem Schub von 13,4 kN deutlich schwächer. Das JT 12 sollte einen Schub von 15 kN abgeben. Am 30 Januar 1959 rollte die Maschine aus der Montagehalle in St.Louis und wurde zur Bodenerprobung freigegeben, die ohne Probleme verlief. Am 11. Februar 1959 startete das Model 119 mit den beiden Testpiloten George Miller und F.H. Rogers zum Erstflug der 48 Minuten dauerte. Es gab keine Beanstandungen, so daß bereits bis Ende Februar die Maschine schon über 9 Flugstunden absolviert hatte. Im Mai 1959 wurde die Maschine, die inzwischen die Kennung N119M trug, zusammen mit dem Wettbewerbsmodell Lockheed CL-329 JetStar zur Edwards Air Force Base nach Kalifornien geflogen, wo die entscheidenden Test- und Vergleichsflüge stattfinden sollten. Nachdem beide Modelle in über 50 Flugstunden ausgiebig getestet worden waren, wurde im abschließenden Testbericht die Empfehlung ausgesprochen, vor Beginn der Serienfertigung noch 5 weitere Testmaschinen bei McDonnell zu beschaffen.
Die USAF entschied sich gegen McDonnell
Während sich im September 1959 eine Delegation von McDonnell zu abschließenden Preis- und Lieferverhandlungen mit der USAF in Washington befand, wurde dieser vom Air Force Selection Board mitgeteilt, dass man sich doch für das Lockheed Modell entschieden hatte, weil dieses über das größere Weiterentwicklungspotential verfüge und deshalb kein Interesse mehr am Model 119 bestehe. Die Maschine könne von der Edwards AFB wieder abgeholt werden. So schnell wollte man bei McDonnell nicht aufgeben, also überarbeitete man die Maschine für nun rein zivile Verwendung, gestaltete die Kabineneinrichtung neu und versah das Flugzeug mit einem neuen Anstrich. Aus dem Model 119 wurde so das Model 220. 220 bedeutete Beginn der zweiten zwanzig Jahre seit der Firmengründung. Die Vermarktung sollte als Passagierjet für 26 Fluggäste oder als bequemes Reiseflugzeug für 10 Passagiere erfolgen. Als Triebwerke einer Serienausführung konnte der Kunde nun zwischen dem Pratt & Whitney JT12 A oder dem General Electric CF700 wählen, welche die unwirtschaftlichen Westinghouse J34 ersetzen sollten. Das Model 220 flog aber noch mit den J34-22 Triebwerken, es erhielt aber eine neue Kennung N4AZ. Die Verkaufsabteilung wurde angewiesen, die neue Maschine den potentiellen Kunden vorzustellen. Die 220 war somit der erste Businessjet der Luftfahrtgeschichte, nur gab es damals noch keinen Markt für solch ein Flugzeug. Man bot es den 750 führenden amerikanischen Unternehmen als Firmenjet an, aber konnte kein Interesse dafür wecken.
Die Passagiervariante mit 26 Plätzen bot man in einem bis dahin einmaligen Deal der PanAm als Zubringer und schnelles Passagierflugzeug für Strecken mit geringem Passagieraufkommen an und erbot sich 175 Exemplare zu fertigen und diese an PanAm für 5 Jahre zu verleasen. Auch dieser Vorschlag war zu neu und wurde abgelehnt. Andere US-Fluggesellschaften zeigten ebenfalls kein Interesse. Als letzte Verkaufsoption, schon mehr aus der Verzweiflung geboren, trug man sich mit der Absicht, die Maschine in Hannover auf der Deutschen Luftfahrtausstellung 1960 zu zeigen, um europäische Kunden dafür zu interessieren. Schließlich erkannte man, dass das Model 220 unverkäuflich blieb und benutzte die Maschine als firmeneigenes Reiseflugzeug, bis man es Anfang der 1970iger Jahre an die Flight Safety Foundation in Phoenix (Arizona) übergab. Später landete die Maschine im War Eagles Air Museum in El Paso und seit Mitte Oktober 2009 steht sie generalüberholt mit insgesamt 230 Flugstunden zum Verkauf.
Technische Daten: McDonnell Model 220
Land: USA
Verwendung: Geschäftsreiseflugzeug
Triebwerk: vier TL Triebwerke Westinghouse J34-22 in axialer Bauart mit 11 stufigen Verdichter und zweistufiger Turbine
Startleistung: je 1.366 kp Schub (13,4 kN)
Dauerleistung: 1.184 kp Schub (11,81 kN) in 10.000 m
Baujahr: 1959
Erstflug: 11. Februar 1959
Besatzung: 2 Mann und 1 Stewardess oder Steward
Passagiere: 10 oder 26 je nach Ausstattung
Spannweite: | 17,55 m |
Länge: | 20,27 m |
größte Höhe: | 7,22 m |
Spannweite Höhenleitwerk: | 7,05 m |
maximale Rumpfbreite: | 2,18 m |
maximale Rumpfhöhe: | 2,32 m |
Kabinenlänge: | 9,28 m |
Kabinenbreite: | 1,72 m |
Kabinenhöhe: | 1,88 m |
Spurweite: | 4,56 m |
Radstand: | 5,18 m |
Flügelfläche: | 51,10 m² |
V-Form: | +3° |
Pfeilung der Flügelvorderkante: | 38° |
Streckung: | 6,03 |
Massen: | TBD |
Leermasse: | 10.530 kg |
Nutzlast maximal: | 4.990 kg |
Startmasse normal: | 18.565 kg |
Startmasse maximal: | 20.560 kg |
Tankinhalt: | 10.600 Liter (2.800 gallons) |
Flächenbelastung: | 402,35 kg/m² |
Leistungsbelastung: | 3,76kg/kp (0,38 kg/N) |
Leistungen: | TBD |
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: | 780 km/h |
Höchstgeschwindigkeit in 11.580 m: | 901 km/h |
Reisegeschwindigkeit in 11.580 m: | 837 km/h |
Landegeschwindigkeit: | 205 km/h |
Gipfelhöhe: | 13.685 m |
Steigleistung: | 12,7 m/s |
Steigzeit auf 1.000 m: | 1,5 min |
Steigzeit auf 10.000 m: | 21,5 min |
Reichweite normal: | 2.760 km |
Reichweite maximal: | 3.765 km |
Flugdauer: | 5 h |
Text: Eberhard Kranz