Bodensee Absturz von 2021 aufgeklärt
Weil er die Entscheidungshöhe missachtete, setzte der Seneca II Pilot am 18. Februar 2021 seinen Instrumentenanflug auf St.Gallen-Altenrhein in dichtem Nebel bis zum Aufschlag auf dem Wasser fort.
Dies ist die Feststellung der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle SUST zum Absturz der Piper Seneca II T7-RAR in den Bodensee, welche sie in ihrem nun publizierten Bericht festhält.
Der Pilot hatte dabei unglaubliches Glück im Unglück: Nach dem Aufschlag auf der Wasseroberfläche konnte der damals 70-jährige seine Seneca durch die Türe verlassen und hielt sich rund eine Stunde am rechten Hauptfahrwerksbein fest, das dank des unbeschädigten Reifens noch auf der Wasseroberfläche trieb. Das Flugzeugwrack sank ziemlich schnell. Bei einer Wassertemperatur von nur fünf Grad wurde der Pilot rund eine Stunde nach dem Absturz von einem Fischer gerettet. Er überlebte dadurch in letzter Minute. Die Seneca konnte erst am 12. Mai 2021 aus 84 Meter Tiefe geborgen werden. Ein erster Bergungsversuch am 25. Februar musste aufgrund technischer Probleme und der Dunkelheit kurz nach 18 Uhr abgebrochen werden.
Der Unglückspilot war am 18. Februar 2021 um 10.47 Uhr mit der Piper PA34-200T Seneca II, die als T7-RAR im Luftfahrzeugregister von San Marino eingetragenen war, in Locarno nach Altenrhein gestartet. Der Flug über die Alpen verlief ohne Schwierigkeiten. Über dem Gebiet um St. Gallen-Altenrhein lag in dieser Zeit dichter Bodennebel mit einer Obergrenze von rund 2000 Fuss über dem mittleren Meeresspiegel (AMSL). Die Pistensichtweite wurde mit 250 Metern und die Vertikalsicht mit 200 Fuss gemeldet. Über dem Nebel herrschte uneingeschränkte Sicht. Die Wetterbedingungen waren dem Piloten bekannt, wie die SUST in ihrem Bericht schreibt. Er beabsichtigte, den RNP-Anflug zu Trainingszwecken auszuführen, und sah für den Fall eines Durchstarts einen zweiten Instrumentenanflug in St. Gallen-Altenrhein und eine Ausweichlandung in Friedrichshafen vor.
Die Zürcher Flugverkehrsleitstelle «Zürich Arrival» führte ihn bis in den Endanflug auf die Piste 10 in Altenrhein. Um 11.27 Uhr fragte der Flugverkehrsleiter beim Piloten nach, ob dieser auf dem Endanflug ausgerichtet («established») sei, was der Pilot bejahte. Daraufhin erfolgte der Wechsel auf die Funkfrequenz von «St. Gallen Tower». Nach dem Aufruf des Flugverkehrsleiters («T7-RAR Tower, do you read?») kam der Kontakt mit dem Piloten zustande, worauf diesem um 11.29 Uhr die Landefreigabe erteilt wurde. Gleichzeitig übermittelte der Flugverkehrsleiter die Anweisung, dass der Pilot bei einem Durchstartmanöver dem standardmässigen Fehlanflugverfahren zu folgen habe.
Während des Endanfluges sei der Pilot einer starken Zielbindung an die Gleitpfadanzeige erlegen, was ein schwindendes Situationsbewusstseins über den Fortschritt des Anflugs zur Folge hatte, hält die SUST fest. Dies habe dazu geführt, dass er die Entscheidungshöhe des Instrumentenanfluges (Decision Altitude) ausser Acht gelassen und den Anflug nicht abgebrochen habe, heisst es im SUST-Bericht.
Das Eintauchen in das Nebelmeer, das eine Verlagerung des Fokus auf die Fluglage erforderte, erfolgte kurz nach dem Erreichen des Gleitpfades. Es sei deshalb naheliegend, dass der Pilot in dieser Phase das Wandern der Gleitpfadanzeige von unten nach oben nicht wahrgenommen habe und es anschliessend zu seiner Fehlinterpretation dieser Anzeige gekommen sei. Die Wetterbedingungen, die Überhöhung zu Beginn des Endanfluges und das Fliegen von Hand hätten jedoch in Kombination den Instrumentenanflug zu einer anspruchsvollen fliegerischen Aufgabe gemacht, heisst es im SUST-Bericht weiter. SkyNews, Hansjörg Bürgi