Potez 452

19.09.2016 EK
Potez 452
Potez 452 (Archiv: Eberhard Kranz)

Bei der Potez 452 handelte es sich um ein französisches Flugboot, das von Kriegsschiffen aus als Beobachtungsflugzeug eingesetzt werden konnte.

Entwicklungsgeschichte der Potez 452

Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts forderte die französische Marine eine grundlegende Modernisierung seiner in die Jahre gekommenen Schlachtschiffe, die zum größten Teil noch vor dem Beginn des ersten Weltkrieges gebaut worden waren. Neben der Modernisierung der Antriebsanlage und der Verbesserung der Schiffsartillerie stand vor allem die Ausrüstung mit Aufklärungsflugzeugen im Vordergrund. Als erstes Schlachtschiff sollte die „Lorraine“ dementsprechend in St. Nazaire umgebaut werden, wo ein 23 m langes dampfbetriebenes Katapult und eine Flugzeughalle angebaut werden sollten. Um diese Anpassungen zu ermöglichen, sollte unter anderem der hintere Schornstein um fünf Meter versetzt werden. Gleichzeitig erließ man eine Ausschreibung für ein entsprechendes Aufklärungsflugzeug, das als leichtes einmotoriges Flugboot mit geringst möglichen Abmaßen und mit nach hinten wegklappbaren Tragflächen ausgelegt sein sollte. Die zweiköpfige Besatzung sollte aus Pilot und Beobachter bestehen. Die Ausschreibung ging im Sommer 1930 an die Firmen CAMS, Loire und Potez. Alle Firmen reichten ihre entsprechenden Vorschläge ein, CAMS eine Ableitung der bereits in der Fertigung befindlichen CAMS 37, Loire die Loire 50 und Potez seine 450. Ohne die Entscheidung der Marine abzuwarten, begann man bei Potez im September 1930 mit den Entwicklungsarbeiten an der Potez 450. Der Entwurf sah ein zweisitziges, einmotoriges Flugboot in Gemischtbauweise in abgestrebter Hochdeckerausführung mit Normalleitwerk und zwei seitlichen Stützschwimmern vor. Nach Prüfung des Entwurfs durch die Marine erhielt Potez kurzfristig den Auftrag zum Bau eines Prototyps.

Potez 450 (Archiv: Eberhard Kranz)

Hauptkonstruktionsmerkmale der Potez 450

Das Rumpfboot mit trapezförmigem Querschnitt war zweistufig ausgeführt. Es bestand aus einem verschweißten Stahlrohrgerüst, wobei wegen der geplanten Verwendung als Katapultflugboot, hochfeste Chrom-Nickel-Stahlrohre verwendet wurden. Das Boot war in vier durch wasserdichte Schotten aus Metall abgetrennte Sektionen aufgeteilt. Das gesamte Boot wurde mit imprägniertem Sperrholz verkleidet, das zusätzlich in den Bereichen, die mit dem Seewasser in Kontakt waren, mit Stahlblech behäutet war. Im Rumpfbug war ein Frachtraum untergebracht, der von oben durch eine kreisrunde Luke, die mit einem wasserdichten Deckel verschlossen war, beladen werden konnte. Der Kraftstofftank, der ein Volumen von 295 Litern hatte, befand sich zwischen Frachtraum und Pilotenkabine. Über die vom Motor angetriebene doppelseitige Membranpumpe wurde der Kraftstoff zum beheizten Vergaser befördert. Die Kabine für die zweiköpfige Besatzung befand sich relativ weit hinten, dadurch war sie zwar weitestgehend vor Spritzwasser geschützt, bot aber der Besatzung sehr schlechte Sichtverhältnisse nach oben und nach vorn unten. Die Kabine war offen und verfügte nur über eine dreiteilige Windschutzscheibe. Der Platz des Beobachters, durch eine Trennwand vom Platz des Piloten getrennt, war mit einem drehbaren Sitz ausgestattet, da er im Verteidigungsfall das auf einer Drehlafette montierte Maschinengewehr bedienen mußte. Zusätzlich hatte er die Handkamera zu bedienen. Der Tragflügel war dreiteilig aufgebaut. Das rechteckige Tragflächenmittelteil, das auch das Triebwerk trug, war eine zweiholmige Holzkonstruktion, die mit Sperrholz verkleidet war. Auf dem Sperrholz war zusätzlich 0,8 mm dickes Leichtmetallblech angebracht. Die Hinterkante hatte zur Verbesserung der Sicht des Piloten nach oben einen trapezförmigen Ausschnitt von 2,10 m Länge und 0,70 m Tiefe. Mit zwei N-Stielen war das Tragflächenmittelteil mit dem Bootsrumpf verbunden, wobei die an den Hauptspanten, die wasserdichten Schotten aufnahmen, angeschlagen waren. Zusätzlich waren die N-Stiele mit Drahtseilen zum Bootsrumpf und unter einander verspannt. Der Motor, beim Prototyp ein luftgekühlter Neunzylinder-Sternmotor Salmson 9 Ab mit einer Startleistung von 230 PS (169 kW), war weit vor der Tragflächenvorderkante angebracht, die Propellerebene lag 2,10 m vor der Tragflächenvorderkante. Der Motor war mit einer enganliegenden NACA Haube verkleidet und die Motorträger zum Tragflügel hin mit einer konischen Verkleidung aus Leichtmetall. In dieser Verkleidung war unter anderem der Schmierstofftank mit einem Volumen von 35 Litern untergebracht. Mit zwei V-Streben aus hochfesten Stahl war der Motor zum Bootsrumpf abgestrebt. Die Längsachse des Motors war unter zehn Grad nach oben zur Bootslängsachse geschwenkt. Die beiden rechteckigen Außenflügel mit großen halbkreisförmigen Randbögen hatten eine Pfeilung von 9 Grad 30 Minuten. Im Aufbau waren sie zweiholmige Holzkonstruktionen, die komplett mit imprägniertem Stoff bespannt waren. Zur raumsparenden Unterbringung auf den Schiffen konnten nach dem Lösen von entsprechenden Schnellspannschraubungen innerhalb von 5 Minuten beide Außenflügel rechtwinklig nach hinten geklappt werden. An der Hinterkante der Außenflügel waren die Querruder, eine stoffbespannte Holzkonstruktion, angebracht. Sie wurden mittels Seilen über Umlenkrollen betätigt. Die Außenflügel waren mit je einem V-Stiel gegen das Rumpfboot abgestrebt. An den Außenflügeln waren auf jeder Seite ein ungestufter Stützschwimmer von 1,74 m Länge aus Sperrholz mit zwei I-Streben, die zusätzlich mit Stahlseilen kreuzförmig verspannt waren, angebracht. Von den Stützschwimmern ging eine V-förmige Verstrebung aus Stahlrohr zu den V-Stielen der Außenflügel und von dort weiter als V-Streben zum Rumpfboot. Wenn die Außenflügel nach hinten weggeklappt werden sollten, mußte die Verbindung der V-förmigen Verstrebungen gelöst werden. Das dreieckige Seitenleitwerk mit gekrümmter Hinterkante hatte eine Ruderfläche mit Hornausgleich. Das Seitenleitwerk und das Seitenruder waren ebenfalls stoffbespannte Holzkonstruktionen. Die Bedienung erfolgte über Seile und ein Gestänge. Das schlanke trapezförmige Höhenleitwerk, eine stoffbespannte Holzkonstruktion, ging durch das Seitenleitwerk und war dort an dessen Hauptholm befestigt. Die Höhenruder hatten ebenfalls einen Hornausgleich. Zum Bootsrumpf hin war das Höhenleitwerk auf jeder Seite mit einem V-Stiel abgestrebt.

Potez 452 (Archiv: Eberhard Kranz)

Flugerprobung der Potez 452

Mitte März 1932 war das Flugboot fertig gestellt und konnte zur Erprobung der hydrodynamischen Eigenschaften zu Wasser gelassen werden. Nachdem einige Veränderungen durchgeführt worden waren, startete die Potez 450 am 21. April 1932 zum Erstflug. Es zeigte sich, dass der Motor zu schwach war und auch die Flugeigenschaften und die Stabilität um die Längsachse ließen zu wünschen übrig. Nach der Erprobung durch die Marine erhielt Potez eine lange Mängelliste, Rumpfboot, Tragflügel und Leitwerk betreffend, die schnellst möglich behoben werden sollten. Außerdem wurde ein stärkeres Triebwerk verlangt. Das Flugboot erhielt einen luftgekühlten Neunzylinder-Sternmotor Hispano-Suiza 9 Qd mit 350 PS (257 kW) Startleistung. Außerdem wurde der Bootsrumpf überarbeitet, die erste Kielstufe scharfkantig ausgeführt und einen Kreuzerbug angebaut. Die Stützschwimmer wurden ebenfalls zusätzlich mit Leichtmetallblech überzogen und der Schwenkmechanismus der Außenflügel überarbeitet. Das so überarbeite Flugboot erhielt nun die Bezeichnung Potez 452 und wurde erneut von der Marine ausgiebig getestet. Im Herbst 1935 erhielt Potez einen Serienauftrag über vorerst zehn Exemplare, mit deren Bau Anfang 1936 im CAMS-Werk Sartrouville begonnen wurde.

Potez 452 (Archiv: Eberhard Kranz)

Erprobung und Einsätze der Potez 452

Inzwischen war auf dem Schlachtschiff „Lorraine“ das Dampfkatapult montiert worden. Es hatte eine Länge von 24,70 m, davon 19 m Beschleunigungsstrecke und einen Bremsweg von 3,10 m. Es war für ein maximales Startgewicht von 1.800 kg bei einer Beschleunigung von 4g ausgelegt. Die Endgeschwindigkeit des Flugzeuges betrug 125 km/h. Mit dem ersten gelieferten Flugboot wurden umfangreiche Versuche durchführt, die im Allgemeinen positiv verliefen. Die auf dem Oberdeck zwischen den beiden Schornsteinen aufgebaute Flugzeughalle bot Platz für vier Potez 452. Im Mai 1936 erteilte die Marine Potez einen Folgeauftrag über weitere sechs Maschinen, die wegen ihrer geringen Baumaße auf den leichten Kreuzern und Kanonenbooten in Indochina eingesetzt werden sollten. Dort wurden sie neben der Nahaufklärung auch zur Korrektur der Schiffsartillerie, dem Legen von Nebelwänden und der Verbindung zwischen isoliert operierenden Schiffen im Kampf gegen japanische Einheiten verwendet, wobei sie sich bewährten. Durch den Mangel an Ersatzteilen aber auch durch Beschädigungen im Kampfeinsatz reduzierte sich die Anzahl der Maschinen kontinuierlich. Die letzte Potez 452 wurde 1944 aus den Bestandslisten der Marine gestrichen. Die auf der „Lorraine“ befindlichen kamen mit dem Einsatz des Schiffs im östlichen Mittelmeer nach Alexandria, wo das Schiff von den Engländern am 21. Juni 1940 interniert wurde. Am 31.Mai 1942 den freifranzösischen Streitkräften zugeteilt, kam das Schiff nach Dakar, wo es mit seinen Potez 452 im Kampf gegen die Achsenmächte in Nordafrika teilnahm. Die letzte Potez 452 wurde Ende 1942 abgeschrieben. Die spanische republikanische Regierung erwarb von Frankreich 1936 die Lizenz zur Fertigung der Potez 452. Es wurde aber keine einzige spanische 452 gefertigt.


Potez 453 (Archiv: Eberhard Kranz)

Weiterentwicklung zur Potez 453

Als die französische Marine 1935  ein Jagdflugboot, das auf den größeren Schiffseinheiten vom Katapult gestartet werden sollte, um angreifende gegnerische Bomber abzuwehren, forderte, überarbeitete man bei Potez  die 452 zur 453. Die einsitzige Potez 453, von der zwei Exemplare bestellt wurden, erhielt einen stärkeren luftgekühlten 14-Zylinder-Doppelsternmotor Hispano-Suiza 14Hbs mit einer Startleistung von 720 PS (529 kW). Die Bewaffnung bestand aus zwei in dem Tragflügelmittelteil eingebaute 7,5 mm Maschinengewehre MAC 34. Der Erstflug fand am 24. September 1935 statt. Die Maschine erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 318 km/h in Bodennähe und eine ausgezeichnete Steiggeschwindigkeit von 14,2 m/s. Damit erreichte sie in 3 Minuten 50 Sekunden eine Flughöhe von 3.000 m. Da aber die Wendigkeit und die Geschwindigkeit einen erfolgreichen Einsatz aussichtslos erscheinen ließen, wurde das Projekt im Sommer 1936 beendet.

Potez 452 (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Potez 452

Land Frankreich
Verwendung: katapultfähiges Aufklärungsflugboot
Triebwerk: ein luftgekühlter Neunzylinder-Sternmotor Hispano-Suiza 9 Qd mit festem zweiblättrigen Metallpropeller Levasseur
Startleistung:  350 PS  (257 kW)
Dauerleistung:  300 PS (221 kW) in 3.300 m
Baujahr: 1936
Besatzung: 2 Mann
Erstflug Potez 450: 21. April 1932

Abmessungen:

Spannweite: 13,00 m

Länge: 10,23 m

größte Höhe: 3,42 m

Spannweite Höhenleitwerk: 4,60 m

Spannweite Tragflächenmittelteil: 3,36 m

größte Tragflächentiefe: 1,96 m 

größte Rumpfbootbreite: 1,20 m

größte Rumpfboothöhe: 1,54 m

Länge der Stützschwimmer: 1, 74 m

Propellerdurchmesser: 1,70 m

Propellerfläche: 2,27 m²

Abstand zwischen den Stützschwimmern (Kiellinie) : 8,40 m

Flügelfläche: 24,3 m²

V-Form:  0°

Pfeilung Außenflügelvorderkante: 10°

Streckung: 6,95

Massen:

Leermasse: 1.100 kg

Startmasse normal: 1.620 kg

Startmasse maximal: 1.750 kg (Katapultstart)

Startmasse maximal: 1.830 kg (Seestart)

Tankinhalt: 295 Liter

Schmierstoff: 35 Liter

Flächenbelastung: 75,3 kg/m²

Leistungsbelastung: 5,23 kg/PS  (7,11 kg/kW)

Leistungen:

Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 206 km/h

Höchstgeschwindigkeit in 2.000 m: 217 km/h

Reisegeschwindigkeit in  2.000 m:  180 km/h

wirtschaftlichste Reisegeschwindigkeit: 130 km/h

Startgeschwindigkeit auf Wasser: 95 km/h

Startgeschwindigkeit bei Katapultstart: 125 km/h

Beschleunigung des Katapults: 4g 

Gipfelhöhe: 6.500 m

Steigleistung: 3,3 m/s

Steigzeit auf 1.000 m: 5,0 min

Steigzeit auf 3.000 m:  20 min

Reichweite normal: 520 km

Reichweite maximal:  715 km

Aktionsradius: 312 km

Flugdauer:   normal 4 h bei 130 km/h   maximal 5,5 h bei 130 km/h

Bewaffnung: ein 7,5 mm Maschinengewehr Darne mit insgesamt 2.000 Schuss, schwenkbar hinter dem Beobachtersitz montiert

Eberhard Kranz

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