Österreich will sich von Eurofighter trennen

07.07.2017 JS
Austrian Eurofighter
Austrian Eurofighter (Foto: Austrian Air Force)

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hat heute, Freitag, die Weichen für die Neuausrichtung der Luftraumüberwachung durch das Österreichische Bundesheer gestellt.

Auf Basis des Berichts der 26-köpfigen Sonderkommission "Aktive Luftraumüberwachung" soll Österreich in Zukunft seinen Luftraum zu 100 Prozent durch ein Ein-Flotten-System mit einer Flotte von 15 einsitzigen und 3 doppelsitzigen Überschallflugzeugen sichern. Der mit einem hohen Kostenrisiko verbundene Betrieb der derzeit im Einsatz befindlichen 15 Eurofighter Typhoon der Tranche 1 in ihrem beschränkten Ausrüstungsstand soll ab 2020 schrittweise ausgephast werden. Der Umstieg auf eine überschallschnelle Flotte mit uneingeschränkter Einsatzfähigkeit bei Tag und Nacht soll ab 2020 erfolgen.

Der Weiterbetrieb der 15 Eurofighter kostet bis zu 5 Mrd. Euro

Derzeit wird der österreichische Luftraum durch ein Zwei-Flotten-System überwacht: durch das Überschallflugzeug Eurofighter Typhoon der Tranche 1 und in Ergänzung durch das Unterschallflugzeug Saab 105 OE. Das Unterschallflugzeug Saab 105 OE müsste 2020 nachbeschafft werden, da dann das Ende der Lebensdauer erreicht sein wird. Der Umstieg auf ein alternatives Ein-Flotten-System ist militärisch effektiver und wirtschaftlich effizienter als der geplante Ersatz der Saab 105 OE und der Weiterbetrieb der 15 einsitzigen Eurofighter Typhoon der Tranche 1 im aktuellen Ausrüstungsstand. Das Österreichische Bundesheer hätte alleine für die im Vergleich zu alternativen Flotten schlechter ausgerüsteten 15 Eurofighter in den nächsten 30 Jahren in Summe zwischen 4,4 und 5,1 Milliarden Euro aufzuwenden. Das spezifische Kostenrisiko der Tranche 1 und die Kosten für den Ersatz der Saab 105 OE sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Doskozil: "Wer Ja sagt zur Neutralität, muss auch zu Überschallflugzeugen Ja sagen"

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil: "Wer Ja sagt zur Neutralität und zur Souveränität Österreichs, muss auch Ja sagen zu modernen und leistungsfähigen Überschallflugzeugen, die rund um die Uhr einsetzbar sind. Gleichzeitig gilt es, die ausufernden Betriebskosten beim Eurofighter in den Griff zu bekommen und dessen enormes Kostenrisiko zu minimieren – im Sinne des Steuerzahlers und auch im Verhältnis zu den anderen Waffengattungen im Bundesheer. Deshalb werde ich den Generalstab des Österreichischen Bundesheeres anweisen, ab sofort alle Vorbereitungen zum Umstieg aus dem bisherigen militärisch nicht effektiven und finanziell sehr kostspieligen Zwei-Flotten-System in ein leistungsfähiges und im Betrieb wirtschaftlich günstigeres Ein-Flotten-System einzuleiten. Diese Entscheidung stützt sich auf die eindeutigen Befunde der Sonderkommission ‚Aktive Luftraumüberwachung‘." 

Sonderkommission empfiehlt den Umstieg auf ein leistungsfähiges "Ein-Flotten-System"

Die Sonderkommission "Aktive Luftraumüberwachung" unter der Leitung des Kommandanten der Luftstreitkräfte, Brigadier Karl Gruber, empfiehlt in ihrem Bericht aus militärischer und sicherheitsstrategischer Sicht die Herstellung der uneingeschränkten Einsatzfähigkeit der Überschallflugzeuge bei Tag und bei Nacht, die Herstellung der Reaktionsfähigkeit auf das unbefugte Eindringen nicht kooperativer Kampfflugzeuge durch die Ausrüstung der Abfangjäger mit einem zeitgemäßen Selbstschutzsystem und Allwetterlenkwaffen, die hundertprozentige Abdeckung der aktiven Luftraumüberwachung durch Überschallflugzeuge und damit den Umstieg vom derzeitigen "Zwei-Flotten-System" (15 Eurofighter Typhoon/ Saab 105 OE) auf eine einzige bewaffnete Flotte mit 15 Einsitzern und 3 Doppelsitzern ("Ein-Flotten-System") an zwei Standorten ab 2020. 

Alternativflotte betriebswirtschaftlich günstiger als die Fortführung des Status-Quo

Brigadier Karl Gruber: "Wir haben Gespräche sowohl mit Airbus als auch mit alternativen Anbietern und mit Regierungen geführt und in der Folge 19 denkbare Varianten der Luftraumüberwachung Österreichs sowohl nach militärischen als auch nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bewertet. Das Ergebnis: Die sicherheitsrelevanten und betriebswirtschaftlichen Vorgaben werden entweder durch die Beschaffung einer leistungsfähigen alternativen Abfangjägerflotte unter Ausphasung der bestehenden Eurofighter-Flotte oder aber durch die entsprechende Nachrüstung der 15 Eurofighter Typhoon der Tranche 1 und die Beschaffung von 3 gebrauchten Eurofighter Typhoon Doppelsitzern realisiert. Der Weiterbetrieb der bestehenden österreichischen Eurofighter-Flotte ist jedoch mit einem derzeit schwer abschätzbaren Kostenrisiko verbunden." 

Die Eurofighter Typhoon Tranche 1-Flotte werde außer in Österreich nur von den Eurofighter-Nationen Vereinigtes Königreich, Deutschland, Italien und Spanien betrieben. Jedes dieser Länder habe andere Zukunftskonzepte. Gruber: "Ein einheitliches System Eurofighter Typhoon der Tranche 1 wird es also in Zukunft voraussichtlich nicht mehr geben."

In den nächsten 30 Jahren Einsparungen bis zu 2 Milliarden Euro

Bis 2049 ist laut Berechnungen der Sonderkommission je nach gewählter neuer Alternativflotte im Vergleich zur derzeit geplanten Beschaffung eines Nachfolgesystems für den Saab 105 OE und dem Weiterbetrieb der 15 Eurofighter Typhoon der Tranche 1 mit Einsparungen von zumindest rund 100 Mio. Euro bis zu 2 Mrd. Euro zu rechnen. 

Doskozil abschließend: "Die Debatte um die österreichische Luftraumüberwachung ist seit Jahren von den budgetären Belastungen geprägt, die mit dem Betrieb der Eurofighter verbunden sind. Militärische Überlegungen und sicherheitsrelevante Szenarien zur glaubwürdigen Wahrung unserer Neutralität und Souveränität haben bislang zu wenig Rolle gespielt. Nun ist beides garantiert: Das neue Konzept zur aktiven Luftraumüberwachung ist im Vergleich zur Fortführung des Status Quo kostengünstiger und militärisch effektiver. Es spart Steuergeld und ermöglicht die Überwachung des österreichischen Luftraums bei Tag und Nacht."

Zur Sonderkommission "Aktive Luftraumüberwachung"

Die Verdächtigungen im Zusammenhang mit der Beschaffung der Kampfflugzeuge Eurofighter Typhoon mit Kaufvertrag vom Juli 2003 und der Reduktion der Stückzahl durch den sogenannten Vergleich im Jahr 2007 haben im Jahr 2013 zur Einleitung von internen Untersuchungen im Wirkungsbereich das Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport geführt, die nach deren Intensivierung im Jahr 2016 auch Beweise dafür hervorgebracht haben, dass die Republik Österreich sowohl bei der Ankaufsentscheidung und beim Abschluss des Kaufvertrages im Jahr 2003 als auch beim Abschluss des Vergleiches 2007 getäuscht und am Vermögen geschädigt wurde. Mit der im Februar 2017 gegen die Airbus Defence and Space GmbH und gegen Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH bei der Staatsanwaltschaft Wien erhobenen Strafanzeige wurde von Herrn Bundesminister Hans Peter Doskozil auch (gemäß Ministerweisung Nr. 253/2017 vom 02.März 2017) der Auftrag an das Österreichische Bundesheer verbunden, in einer Sonderkommission unter der Leitung von Brigadier Karl Gruber bis 30. Juni 2017 die Optionen für eine effektive aktive Luftraumüberwachung zu evaluieren und darauf aufbauend Empfehlungen auszusprechen.

PM Bundesheer

Share

Empfohlen

SkyWork_Dornier_400x263
Chefwechsel bei SkyWork Airlines
News
Airliner

04.10.2013 BGRO

Chefwechsel bei SkyWork Airlines

SkyWork Airlines Geschäftsführer Tomislav Lang gibt die Geschäftsführung der Berner Fluggesellschaft ab und veräußert seine Anteile als Gesellschafter der noch jungen Airline aus Bern.

SkyWork_Dornier_400x263
SkyWork muss sich fit trimmen
News
Airliner

31.01.2013 BGRO

SkyWork muss sich fit trimmen

Die Luftverkehrsbranche steht unter anhaltend grossem Kostendruck. Diese Entwicklung macht auch vor der Berner Fluggesellschaft nicht halt. SkyWork verordnet sich deshalb unter dem Namen «SkyFit 2013plus» ein Effizienzsteigerungsprogramm, um sich für die

F A18 Ch 1
F/A-18 Hornet in Bern Belp
News
Airpower

13.03.2025 PS

F/A-18 Hornet in Bern Belp

Vom 31. März bis 2. April 2025 startet und landet die Luftwaffe mit F/A-18 Kampfflugzeugen auf dem Flughafen Bern und betreibt während drei Tagen den militärischen Flugdienst ab Bern-Belp.

Flughafen Bern
Ab Bern auf die Kanalinseln
News
Airliner

24.10.2024 PS

Ab Bern auf die Kanalinseln

Im April und Mai 2025 können Reisende ab dem Flughafen Bern an vier Samstagen mit einer ATR-72 direkt auf die Kanalinseln Jersey und Guernsey fliegen.

KingFisherA340_400x263
Kingfisher möchte wieder abheben
News
Airliner

11.04.2013 BGRO

Kingfisher möchte wieder abheben

Kingfisher gibt nicht auf und hat bei der indischen Zivilluftfahrtbehörde ein neues Gesuch für die Aufnahme des Flugbetriebs eingereicht.

Luftwaffe_Falcon900EX_Schweiz_400
Schweizer Luftwaffe übernimmt Falcon 900EX
News
Airpower

10.06.2013 RK

Schweizer Luftwaffe übernimmt Falcon 900EX

Der Schweizer Regierung steht seit heute, den 10. Juni 2013, bei Bedarf ein moderner Dassault Falcon 900EX Businessjet zur Verfügung.

segelflugzweisimmen_200
Eindrücke aus Zweisimmen
Reportagen
Segelflug

21.08.2008 RK

Eindrücke aus Zweisimmen

Schöne Aufnahmen und Eindrücke aus dem Segelfluglager 2008 im Berner Oberland.

Ultraleichtflugzeug_400
Verbot für Ultraleichtflugzeuge ist rechtswidrig
News
General Aviation

06.12.2013 RK

Verbot für Ultraleichtflugzeuge ist rechtswidrig

Das in der Schweiz seit vielen Jahren bestehende faktische Verbot von Ultraleichtflugzeugen mit einer Tragflächenbelastung von 20 kg/Quadratmeter und mehr, ist rechtswidrig. Dies hält das Bundesgericht in seinem Urteil vom 13. November 2013 fest.

Flughafen Zurich 1
Direktflüge nach Surinam und Sierra Leone möglich
News
Airliner

06.11.2024 PS

Direktflüge nach Surinam und Sierra Leone möglich

An der kürzlichen ICAO-Konferenz in Kuala Lumpur (Malaysia) hat die Schweiz vier neue bilaterale Abkommen über den Luftlinienverkehr unterzeichnet: mit der Dominikanischen Republik, Sierra Leone, Singapur und mit Surinam.

Rega Fünf-Blatt-Rotor Helikopter
Rega Einsätze für Babys
News
General Aviation

08.11.2024 PS

Rega Einsätze für Babys

Am Donnerstag standen die Rega-Crews aus Bern und Lausanne dreimal im Einsatz, um frühgeborene Babys von Regionalspitälern in die Zentrumspitäler von Lausanne und Basel zu verlegen.

Boeing777300ER_Saudia_400
Saudia musste über Frankreich Kerosin ablassen
News
Airliner

03.06.2014 RK

Saudia musste über Frankreich Kerosin ablassen

Wegen einem medizinischen Zwischenfall an Bord einer Saudia Boeing 777, musste der Airliner am 31. Mai über Frankreich Kerosin ablassen, damit er in Genf zwischenlanden konnte.

Rega_Duebendorf_400
Rega beteiligt sich an der Flugplatz Dübendorf AG
News
General Aviation

08.04.2014 BGRO

Rega beteiligt sich an der Flugplatz Dübendorf AG

Die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega beteiligt sich als Aktionärin an der Flugplatz Dübendorf AG und unterstützt damit deren Eingabe beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) für den zukünftigen Betrieb des Flugplatzes Dübendorf.

© 2023 Hobby Verlag AG. Alle Rechte vorbehalten.