Die Firma Werkspoor war vor dem zweiten Weltkrieg der größte Hersteller von Eisenbahngüterwagen der Niederlande. Auch beschäftigte man sich mit dem Bau stationärer Motoren. In der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre war man bei Werkspoor zu der Erkenntnis gekommen, das die Zukunft der Schnelltransporte nicht auf der Schiene, sondern in der Luft liegen würde. Die ersten Frachtflugzeuge wurden bereits in Amsterdam mit schnell verderbenden Waren, wie Gemüse, Blumen aber auch mit Fleisch und Fisch beladen und brachten die Waren nach Frankreich, England, der Schweiz oder Deutschland. Dieses Geschäft wollte sich Werkspoor nicht entgehen lassen und man beschloss im Sommer 1928, ein Transportflugzeug für Stückgut zu entwickeln und zu bauen. Da man aber überhaupt keine Erfahrung im Flugzeugbau besaß, engagierte man den Flugzeugbauingenieur Carli, der vorher bei Fokker gearbeitet hatte, und beauftragte ihn, ein einmotoriges Schnelltransportflugzeug zu entwickeln. Dieser entwarf einen großen, einmotorigen Anderthalbdecker in Ganzholzbauweise mit festem Heckradfahrwerk und abgestrebtem Normalleitwerk. Als Antrieb sah er einen 9 Zylinder-Sternmotor Gnome Rhone Jupiter VI vor. Der kastenförmige Rumpf mit rechteckigem Querschnitt war mit Sperrholz verkleidet und hatte einen Frachtraum von 12,6 m³, der durch eine große Ladeluke von 1,7 m x 2,2 m auf der |
linken Rumpfseite beladen werden konnte. Die geschlossene Kabine für die beiden Piloten befand sich über dem Laderaum. Hinter der Kabine war der obere Flügel, eine zweiholmige Holzkonstruktion, die mit Sperrholz und Stoff verkleidet war, direkt auf dem Rumpf aufgelegt. Da die Maschine auch zum Transport von Containern vorgesehen war, befand sich hinter dem oberen Tragflügel eine zusätzlicher Luke zum Be- und Entladen mittels eines Kranes auf dem Rumpfrücken. Die unteren Flügel, die ebenfalls eine zweiholmige Holzkonstruktion darstellten, waren komplett mit Sperrholz verkleidet und mit je einer Strebe zum Rumpf hin abgestützt. Obere und untere Tragflügel waren mit je einem breiten I-Stiel verstrebt und zusätzlich mit Stahlseilen ausgekreuzt. Am 20.September 1929 startete der ?Jumbo? zu seinem Erstflug, der ohne Probleme verlief. Nach der erfolgreichen Flugerprobung erhielt die Maschine die zivile Kennung PH-AFI und wurde von der KLM übernommen, wo sie von Januar 1931 bis herbst 1932 auf der Linie Amsterdam-Rotterdam-London, als Frachtflugzeug eingesetzt wurde. Anschließend kam die Maschine ins Ausbildungszentrum der KLM nach Amsterdam, wo sie bis Mai 1940 als Übungsflugzeug verwendet wurde.
Beim deutschen Angriff auf die Niederlande wurde die Werkspoor ?Jumbo? auf dem Flugfeld von Amsterdam bei einem Luftangriff in Brand geschossen und zerstört. |