Portsmouth Aerocar
Portsmouth Aerocar, Land: USA Der Portsmouth Aerocar sollte ein kleines flexibles Zubringerflugzeug werden, das kleine Regionen und deren Flugplätze an die grossen Zentren verbinden sollte. Der Aerocar schaffte es nie in die Serienproduktion. Spannweite: 12,80 m, Länge: 8,00 m, Geschwindigkeit: 263 km/h.
Die Firma Portsmouth Aviation Company wurde 1929 als Inland Flying Service Ltd. gegründet. Das Ziel des Unternehmens waren Zubringer- und Regionalflüge im Süden Englands. Im Zubringerdienst sollten Fluggäste zu den großen Flughäfen in London oder Birmingham transportiert werden oder von dort im Lufttaxibetrieb an ihre endgültigen Zielorte gebracht werden. Bereits 1930 wollte man auch die Insel Wight anfliegen und betuchten Fluggästen das Übersetzen mit der Fähre ersparen und änderte deshalb den Firmennamen in Wight Aviation Ltd. Die Flugverbindung sollte von Portsmouth nach Bembridge führen. Bereits 1932 firmierte man erneut um, diesmal in PSIOWA, dies stand für Portsmouth, Southsea and Isle of Wight Aviation Ltd. Das Hauptproblem dieser Gesellschaft war, dass es kein Flugzeug auf dem Markt gab, welches für die geplanten Aufgaben völlig geeignet war. Deshalb begann man Mitte der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts mit dem Entwurf eines Lufttaxis zu beschäftigen, eigentlich um dieses dann bei einer Flugzeugfirma bauen zu lassen. Gleichzeitig begann man die Fertigung von Flugzeugteilen für die Gloster Aircraft Company Ltd. und die Hawker Engineering Company Ltd. aufzunehmen, da durch die verstärkte Luftrüstung qualifizierte Zulieferer gesucht waren. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges übernahm die Firma auch verstärkt die Instandsetzung von beschädigten Flugzeugen und später auch die Montage ganzer Maschinen vom Type Hawker Hurricane, wobei die Teilefertigung aufrecht erhalten blieb. 1943 änderte man letztmalig seinen Namen in nun Portsmouth Aviation Company. Im Herbst 1944, das Kriegsende begann sich abzuzeichnen und damit stellte sich die Frage, was die Firma zukünftig produzieren solle, denn es war klar, nach dem Kriegsende würde es zu gewaltigen Einschnitten in das Luftfahrtsbudget kommen und der Bau von Kriegsflugzeugen sehr stark minimiert werden. Jetzt griff der Chef der Firma Lionel Balfour die alte Idee wieder auf und beschloss, das Zubringerflugzeug und Lufttaxi für den eigenen Luftverkehr zu entwickeln und zu bauen. Erfahrungen im Flugzeugbau hatte man ja während der Kriegsjahre zur Genüge sammeln können. Der technische Leiter der Firma Major F.L. Luxmoore begann sich Anfang 1945 mit mehreren Mitarbeitern des Projektes anzunehmen und bald konnten sie ihren Entwurf der Geschäftsleitung vorstellen. Man wollte nach dem Baukastenprinzip aus einem Grundmodell eine ganze Reihe weiterer Modelle ableiten, die für die verschiedensten Verwendungen geplant waren. Das Flugzeug erhielt den Namen Aerocar und man plante durch die Verwendung unterschiedlicher Motoren und Modifikationen des Rumpfes folgende Baureihen:
Aerocar Junior mit zwei Blackburn Cirrus Minior II luftgekühlte hängende Vierzylinder-Reihenmotoren mit einer Startleistung von je 90 PS (66 kW), festem Bugradfahrwerk, ein Pilot und fünf Fluggäste.
Aerocar Senior mit zwei Blackburn Cirrus Major III luftgekühlte hängende Vierzylinder-Reihenmotoren mit einer Startleistung von je 155 PS (114 kW), festem Bugradfahrwerk, zwei Piloten und fünf Fluggäste.
Aerocar Minior mit zwei Blackburn Cirrus Minior II, einziehbaren Bugradfahrwerk, ein Pilot und vier Fluggäste.
Aerocar Major mit zwei Blackburn Cirrus Major III, einziehbares Bugradfahrwerk, ein Pilot und fünf Fluggäste.
Konstruktionsmerkmale des Portsmouth Aerocar
Das Flugzeug war ein Schulterdecker mit einer zentralen Rumpfgondel, zwei leitwerksträgern, die vorn die Motoren trugen und hinten je eine Seitenleitwerk. Die beiden Seitenleitwerke waren durch die Höhenleitwerksflosse verbunden.
Der Querschnitt der Rumpfgondel war trapezförmig mit abgerundeten Ecken, wobei das Trapez umgedreht war, die größere Seite war oben. Durch eine großzügige Verglasung des Bugbereichs war eine ausgezeichnete Sicht für den Piloten gegeben, die Fluggäste hatten jeder ein großes Fenster. Die Maschine sollte in der Serienausführung eine Ganzmetallkonstruktion in Schalenbauweise sein. Tragflächen und Höhenleitwerk waren freitragend. Das Bugradfahrwerk, wahlweise pneumatisch einziehbar oder fest, befand sich hinter den Motoren und war am Brandschott angeschlagen. Die Hauptfahrwerke der einfahrbaren Ausführung wurden pneumatisch nach vorn in den Leitwerksträger eingefahren. Das Fahrwerk verfügte über starke Stoßdämpfer und lange Federwege, da die Maschine vorwiegend auf Graspisten starten und landen sollte. Die Kabine war schallisoliert und bot den Fluggästen alle Bequemlichkeit, wie Frischluft oder Warmluft als Heizung. Durch die Auslegung als Schulterdecker war die freie Sicht nach unten vorn von jedem Passagiersessel aus gewährleistet. Lediglich die durch die Kabine führenden Hauptholme zwangen zur Vorsicht, da sie mit einer kastenförmigen Verkleidung versehen waren, die die Kopffreiheit bedeutend einengte. Im Sommer 1946 waren die Konstruktionsarbeiten beendet und man begann mit dem Bau der ersten Maschine, die Aerocar Minior werden sollte. Auf den Bau eines Prototypen verzichtete man aus Kostengründen. Obwohl die Aerocars als Ganzmetallflugzeuge konzipiert waren; war die gebaute Minior in Gemischtbauweise ausgeführt. Lediglich die Rumpfgondel war eine Ganzmetallkonstruktion in Schalenbauweise. Die Tragflächen waren reine Holzkonstruktionen, die mit Sperrholz verkleidet waren, die Querruder waren mit Stoff bespannt. Die Tragflächen waren dreiteilig aufgebaut, das Tragflächen-Mittelteil, das mit dem Rumpf einen festen Verbund darstellte und durch die Passagierkabine hindurchführte und je einem Außenflügel. Das Tragflächen-Mittelteil nahm die beiden Kraftstofftanks mit einem Fassungsvermögen von je 227 Litern (60 Gallonen) auf. Die Leitwerksträger waren komplett aus Holz, im hinteren Bereich mit Stoff bespannt. Ebenso waren die Seitenleitwerke und die Höhenflosse ausgeführt. Sämtliche Ruder waren stoffbespannt.
Flugerprobung des Portsmouth Aerocar
Die Minior erhielt die vorläufige Zulassung G-AGNJ und die Zelle war im Frühjahr 1947 fertig gestellt. Da entschloss man sich die Zelle als Aerocar Major auszurüsten, also als die größte und komfortabelste der vorgesehenen Varianten. Daraufhin wurde die Zulassung geändert und die Maschine erhielt nun G-AGTG. Im Juni 1947 konnte das Flugzeug die Montagehalle verlassen und man begann mit der Bodenerprobung, wobei man noch verschiedene Änderungen an der Ausrüstung vornahm, so wurden die Passagiertüren, es gab auf der linken Seite insgesamt drei, die Autotüren ähnelten, überarbeitet. Im Heck war noch eine kleinere Luke angebracht worden, so dass man das Gepäck in den Gepäckraum im Heck des Gondelrumpfes bequemer einladen konnte. Die Sitze waren wie folgt angebracht, im Bug rechts der Pilot, daneben ein Passagiersitz, der als erste Klasse ausgewiesen war. Dahinter zwei Sitze nebeneinander und im Heck zwei einzelne Sitze hintereinander. Man experimentierte auch mit einem dritten Sitz in der zweiten Reihe, wobei man die Einzelsitze gegen eine Sitzbank für drei Personen austauschte. Dadurch entfiel der zweite Einzelsitz im Heck, was einem größeren Gepäckraum zu Gute kommen sollte. Am 18. Juli 1947 schließlich startete die G-AGTG zu ihrem Erstflug, von dem keine Beanstandungen überliefert sind.
Die Portsmouth Aerocar ging nie in die Serienproduktion
Inzwischen hatte sich aber die Situation auf dem Flugzeugmarkt drastisch geändert und man schätzte die Verkaufsaussichten wesentlich kritischer ein, zumal auch Wettbewerber in diesem Segment aktiv wurden. So hatte de Havilland seine zweimotorige D.H. 104 Dove zur Serienreife weiterentwickelt und deckte damit auch den Bereich ab, auf dem der Aerocar eingesetzt werden sollte. Also startete man eine große Werbetour durch Europa, wo man die Maschine vorstellte und weitere zukünftige Anwendungen, wie Kleinverkehrsflugzeug für fünf Passagiere, Schulflugzeug zur Anfängerschulung für Piloten mehrmotoriger Maschinen, Sanitätsflugzeug mit Platz für zwei Krankenbahren und Arzt und Krankenpfleger, leichtes Transportflugzeug und militärisches Verbindungs- und Stabsreiseflugzeug hervor hob. Dabei wurde das Flugzeug jetzt als Portsmout Aerocar bezeichnet. Die Serienflugzeuge sollten auch über einen Autopiloten der Firma Sperry verfügen, was für diese Flugzeugklasse absolut neu war. Auch wurde auf die Möglichkeit der Ausrüstung mit Schwimmern oder Ski hingewiesen. Obwohl laut der Geschäftsleitung von Portsmouth Aviation Company Ltd. Aufträge von über einer Million Pfund Sterling vorlagen, kam es zu keinem Serienbau. Der Verkaufspreis für eine Aerocar sollte 1947, abhängig von der Ausrüstung, zwischen 18.000 - 24.000 Pfund Sterling betragen. Die von der Labourregierung Clemens Attleys eingeleitete Verstaatlichung und Konzentration der britischen Luftfahrtsindustrie sah keine Entwicklungsperspektive für solche kleinen Firmen. Ein letzter Versuch, Aerocar doch noch in Serie herzustellen, sah man in Verhandlungen mit Indien, wo man mit Hindustan Aircraft Ltd. über eine Lizenzfertigung verhandelte, aber Anfang 1948 verliefen die Verhandlungen im Sande.
Portsmouth Aviation musste liquidiert werden
Die Portsmouth Aviation Company Ltd. mußte in die Liquidation gehen. Der einzige Aerocar stand noch über Jahre im Hangar, bevor er endgültig verschrottet wurde. So erlitt der Aerocar am Ende das gleiche Schicksal wie seine niederländische Schwester, die Fokker F.25 Promotor (im Lexikon Geschichte ausführlich vorgestellt). Der Bedarf an solchen Flugzeugen war nach dem Ende des zweiten Weltkrieges noch nicht vorhanden und wenn, griff man auf ausrangierte Militärmaschinen zurück, von denen es mehr als genug gab.
Technische Daten: Aerocar Major
Verwendung: Zubringerflugzeug, Lufttaxi
Land: Großbritannien
Triebwerk : zwei luftgekühlte hängende Vierzylinder-Reihenmotoren Blackburn Cirrus Major III mit verstellbarem Zweiblatt-Metall-Propeller Rotol
Startleistung: je 155 PS (114 kW)
Dauerleistung: je 120 PS (88 kW) in 2.500 m
Baujahr: 1947
Besatzung: 1-2 Mann
Passagiere: 4-5
Erstflug: 18. Juli 1947
Spannweite: | 12,80 m |
Länge: | 8,00 m |
größte Höhe: | 3,23 m |
Länge Rumpfgondel: | 5,34 m |
mittlere Breite Rumpfgondel: | 1,28 m |
Gesamtlänge Leitwerksträger: | 7,26 m |
Spannweite Höhenleitwerk: | 4,62 m |
Flügeltiefe Tragflächen-Mittelteil: | 2,22 m |
Propellerdurchmesser: | 1,75 m |
Propellerfläche: | 2,41 m² |
Spurweite: | 3,76 m |
Radstand: | 2,35 m |
Flügelfläche: | 22,30 m² |
V-Form Außenflügel: | +7,75° |
Streckung: | 7,35 |
Massen: | TBD |
Leermasse: | 1.180 kg |
Startmasse normal: | 1.670 kg |
Startmasse maximal: | 1.790 kg |
Tankinhalt: | 446 Liter |
Schmierstoff: | 9,5 Liter |
Flächenbelastung: | 80,3 kg/m² |
Leistungsbelastung: | 5,77 kg/PS (7,85 kg/kW) |
Leistungen: | TBD |
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: | 248 km/h |
Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: | 263 km/h |
Reisegeschwindigkeit in 3.000 m: | 218 km/h |
Gipfelhöhe: | 5.200 m |
Steigleistung: | 5,5 m/s |
Steigzeit auf 1.000 m: | 3,5 min |
Steigzeit auf 3.000 m: | 11,5 min |
Reichweite normal: | 630 km |
Reichweite maximal: | 800 km |
Flugdauer: | 3,75 h |
Startstrecke: | 340 m |
Landestrecke: | 310 m |
Eberhard Kranz