Bristol 142

01.11.2014 EK
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Bristol 142, Land: Grossbritannien Die Bristol 142 sollte ein schnelles Reiseflugzeug für Geschäftsreisende werden, die Entwicklung führte jedoch zu dem legendären Blenheim Bomber. Spannweite: 17,17 m, Länge: 12,12 m, Geschwindigkeit: 494 km/h.

Die Londoner ?Daily Mail? widmete sich seit dem ersten Motorflug der Brüder Wright sehr aufmerksam der Luftfahrt. Der Eigentümer Lord Northcliffe und der Herausgeber Thomas Marlowe wiesen in ihr immer wieder daraufhin, daß die Menschheit an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter stände, in dem endlich Wissenschaft und Technik den stetigen Fortschritt garantieren würden und alle zu einer neuen höheren Lebensqualität führen würden? Er stellte 1906 mit Harry Harper den ersten Luftfahrtjournalisten der Welt für die Zeitung ein und erfand gemeinsam mit ihm die Preise der ?Daily Mail? für besondere Leistungen und Erfindungen in der Luftfahrt. Der erste ging bereits 1907 an A.V. Roe für einen Doppeldecker mit Gummibandmotor, mit dem er den Modellflugwettbewerb im Londoner Alexandra Palace gewonnen hatte. Weitere Preise gab es für den ersten Motorflug London-Manchester, die Überquerung des Ärmelkanals, die Umrundung Englands oder den ersten Transatlantikflug. Nach dem Tod von Lord Northcliffe 1922 übernahm dessen Sohn Harold Harmsworth, 1. Viscount Rothermere, die Leitung des Zeitungsimperiums. Auch er war ein überzeugter Verehrer der britischen Luftfahrt, in der er ein machtpolitisches Instrument sah, auch sah er im Flugzeug ein wichtiges Verkehrsmittel, das ihm ermöglichte, schnell die verschiedenen Standorte seiner Firmen zu erreichen, ohne auf öffentliche Verkehrsmittel wie Schiff und Bahn, oder langwierige Fahrten im Automobil angewiesen zu sein. Seit Anfang der dreißiger Jahre war er deshalb verstärkt auf der Suche nach einem schnellen, aber auch bequemen Reiseflugzeug für maximal sechs Personen und einer Reichweite von 1.000 Meilen (1.600 km). Er erfuhr, daß sich bei der Firma Bristol in Filton Chefkonstrukteur Frank Barnwell auf privater Basis die Entwicklung eines schnellen, zweimotorigen zivilen Transport- und Verkehrsflugzeuges mit der Bezeichnung Bristol 135 betrieb, das von zwei schiebergesteuerten Neun Zylinder Sternmotoren Bristol Aquila I mit je 500 PS Startleistung angetrieben werden sollte. Die vorgesehene Höchstgeschwindigkeit lag um 300 km/h, die Reichweite bei 1.200 km.
Lord Rothermere gefiel zwar die Grundkonzeption der Maschine, aber die projektierten Leistungen genügten ihm nicht und nach einem Gespräch mit Frank Barnwell wurden verschiedene Änderungen besprochen, um vor allem eine höhere Geschwindigkeit zu erzielen. Wesentlichste Veränderung war die Verwendung der stärkeren luftgekühlten Neun Zylinder Sternmotoren Bristol Mercury VI mit 650 PS Startleistung. Daraufhin wurde abgesprochen, eine Maschine mit der Bezeichnung Bristol 142 zu bauen.

Bristol 142 (Archiv: Eberhard Kranz)

Aus der Bristol 142 wurde die militärische Bristol 142 M Blenheim

Die Konstruktionsarbeiten begannen im April 1934. Gleichzeitig bearbeitete man bei Bristol, wo man klar das Potential des neuen Flugzeuges erkannt hatte, bereits an zwei Modifikationen, der Bristol 142 M, eine militärische Variante als Schnellbomber und der Bristol 143, einem zivilen Transport- und Verkehrsflugzeug für zwei Piloten und maximal acht Fluggästen. Wesentlichste Änderung an der 142 M neben dem vorgesehenen Einbau von Waffenständen im Bug und auf dem Rupfrücken war, daß man die Tragflügel um 41 cm höher anbrachte, um so Platz für einen Bombenschacht zu bekommen. Als Antrieb für die zivile Bristol 143 sah man die leistungsgesteigerten Bristol Aquila vor, da diese durch ihre ventillose Konstruktion kleiner im Durchmesser waren und dadurch einen geringeren Stirnwiderstand boten.

Bristol 142 (Archiv: Eberhard Kranz)

Erprobung der Bristol 142

Mitte März 1935 war die 142 fertiggestellt und begann mit der Bodenerprobung. Gleichzeitig stellte man die Maschine dem Air Ministry vor. Am 12. April 1935 erhob sich die Bristol 142 in Filton mit der zivilen Kennung G-ADCZ zu ihrem Erstflug, der ohne Komplikationen verlief. Nach der Landung klagten die Piloten über stark verzerrte Sicht durch die gewölbten Plexiglasscheiben und über auftretende Schwingungen am Rumpfheck. Das Flugverhalten und die Leistungen wurden als gut bezeichnet. Bei den weiteren Testflügen erreichte man eine Höchstgeschwindigkeit von 454 km/h, die etwa 50 km/h höher war, als die des gerade in der Einführung befindlichen Jagdflugzeuges Gloster ?Gladiator?. Mit der Kennung 12, später R-12 und dem Eigennamen ?Britain First? stellte Lord Ruthermere die Bristol 142 offiziell dem englischen Publikum vor. Inzwischen hatte man die gewölbten Plexiglasscheiben gegen plane Scheiben gewechselt und das Leitwerk verstärkt. In diesem Bauzustand bekam das Flugzeug im Juli 1935 die militärische Kennung K 7557 und wurde für weitere Testflüge von der RAF übernommen und zum Erprobungszentrum Martlesham Heath gebracht, wo sich das Potential der Bristol 142 bestätigte. Sofort erließ das Air Minstry die Spezifikation 28/35, die für die 142 M maßgeschneidert war. Nach der formellen Prüfung des Entwurfs erfolgte bereits im September 1935 die Bestellung von 150 Maschinen Bristol 142 M. Am 25. Juni 1936 startete der Prototyp der 142 M mit der Kennung K-7033 in Filton zum Erstflug und im März 1937 erhielt die RAF die erste Serienmaschine K-7036. Im Juli 1937 bestellte das Air Ministry weitere 434 Bristol 142 M, die aber jetzt offiziell als Blenheim Mk.I bezeichnet wurden. Von der Bristol 143 wurde nur ein Prototyp mit der zivilen Kennung G-ADEK gebaut, der am 16. Januar 1936 zu seinem Erstflug startete. Später erhielt er die Kennnummer R-14 und wurde von der RAF getestet, später aber wieder an Bristol zurückgegeben.

Bristol 143 (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale der Bristol 142

Die Bristol 142 war ein Ganzmetalltiefdecker in Schalenbauweise mit einziehbarem Heckradfahrwerk und einem freitragenden Normalleitwerk. Die Kabine war in die Rumpfkontur integriert, was eine gute Sicht nach vorn ermöglichte. Da aber Pilotensitze sich knapp hinter der Propellerebene befanden, war die seitliche Sicht durch die Motoren ziemlich eingeschränkt. Der Rumpf war in Schalenbauweise mit Glattblechbeplankung, die mit versenkten Nieten befestigt war, ausgeführt. Die schallgedämmte Passagierkabine verfügte über je vier rechteckige Fenster an jeder Rumpfseite und war für vier Fluggäste ausgelegt, für die bequeme Ledersessel mit individueller Beleuchtung und Frischluftzufuhr oder Heizung vorgesehen waren. Der zweiholmige Tragflügel war dreiteilig ausgeführt. An ein Mittelstück mit gerader Vorderkante schlossen sich die beiden trapezförmigen Außenflügel an. Die Tragflächen waren ebenfalls Ganzmetallkonstruktionen, lediglich die Ruder waren stoffbespannt. Die Ladeklappen trugen eine Blechverkleidung. Zwischen den Holmen waren die Kraftstofftanks, auf jeder Seite zwei Stück eingebaut. Die beiden Motoren waren vor der Tragfläche angebracht und aerodynamisch mit Townendringen verkleidet. Die untere Triebwerkverkleidung lief in eine Gondel aus und nahm das einziehbare Fahrwerk auf. In der oberen Motorverkleidung auf der Tragfläche waren die Öltanks untergebracht. Das Hauptfahrwerk bestand aus je einem Hauptrad, das hydraulisch nach hinten eingezogen werden konnte. Die Bremsen waren ebenfalls hydraulisch. Im eingezogenen Zustand ragten die Räder zu einem Drittel des Durchmessers aus den Gondeln, um bei Bauchlandungen die Beschädigungen an Tragflächen, Motorgondeln und Rumpfunterseite zu minimieren. Das Heckrad war ursprünglich ebenfalls einziehbar vorgesehen, wobei der Einziehvorgang mittels Drahtseilen, die vom Einziehmechanismus des Hauptfahrwerks betätigt wurden, erfolgen sollte. Da die Konstruktion aber sehr aufwendig und störanfällig war, entschied man sich für ein festes, ölgedämpftes lenkbares Heckrad. Das Leitwerk war eine freitragende Ganzmetallkonstruktion, lediglich die Ruder mit Masseausgleich waren stoffbespannt.

Bristol 142 (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Bristol 142 wurde nie als schnelles Reiseflugzeug eingesetzt

Die Bristol 142 von Lord Rothermere als ?Britain First? der Nation vorgestellt, wurde übrigens nie als dessen Reiseflugzeug eingesetzt, auch trug es nie die offizielle Kennung G-ADCZ auf seinem Blechkleid. Lord Rothermere aber blieb der Ruhm, als der Initiator der Bristol Blenheim in die Luftfahrtgeschichte eingegangen zu sein.

Bristol 143 (Archiv: Eberhard Kranz)

Land: Großbritannien

Technische Daten: Bristol 142
Land: Großbritannien
Verwendung: schnelles Geschäftsreiseflugzeug
Triebwerk: zwei luftgekühlte neun Zylinder Sternmotoren Bristol Mercury VI S-2 mit einstufigem Lader und verstellbarem Dreiblatt-Metall-Propeller de Havilland.
Startleistung: je 650 PS (478 kW)
Dauerleistung: je 490 PS (361kW) in 4.000 m
Besatzung: 2 Mann
Passagiere: vier Personen oder 500 kg Nutzlast
Erstflug: 12. April 1935

Spannweite: 17,17 m
Länge: 12,12 m
größte Höhe: 3,91 m
Propellerdurchmesser: 2,75 m
Propellerfläche: 5,94 m²
Spurweite: 5,04 m
Radstand: 8,20 m
Spannweite Höhenleitwerk: 5,56 m
Flügelfläche: 43,57 m²
V-Form Außenflügel: +5,5°
Flügelstreckung: 6,77
Leermasse: 3.094 kg
Startmasse normal: 4.244 kg
Startmasse maximal: 4.414 kg
Tankinhalt: 2.126 Liter
Schmierstofftank: 126 Liter
Flächenbelastung: 101,31 kg/m²
Leistungsbelastung: 3,40 kg/PS (4,62 kg/kW)
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 468 km/h
Höchstgeschwindigkeit in 4.000 m: 494 km/h
Reisegeschwindigkeit in 4.000 m: 192 km/h
Landegeschwindigkeit: 115 km/h
Gipfelhöhe: 7.900 m
Steigleistung: 7,6 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 2,3 min
Steigzeit auf 3.000 m: 8,0 min
Steigzeit auf 5.000 m: 13,5 min
Reichweite normal: 1.240 km
Reichweite maximal: 1.610 km im Sparflug
Flugdauer: 8 h
Startstrecke: 390 m
Landestrecke: 460 m

Text: Eberhard Kranz

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