Blohm & Voss BV 40

01.11.2014 EK
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Blohm & Voss BV 40, Land: Deutschland Mit der BV 40 wollte man einen günstigen Kampfsegler gegen die alliierte Bomberverbände entwickeln. Die BV 40 kam nie zum Kriegseinsatz. Spannweite: 7,90 m, Länge: 5,70 m, Geschwindigkeit: 900 km/h.

Die Bekämpfung der immer stärker werdenden alliierten Bomberverbände wurde ab 1942 für die sogenannte Reichsverteidigung immer schwieriger und ab 1943 mit dem Auftauchen der ersten amerikanischen Langstreckenjäger P-38, P-47 und P-51 auch immer verlustreicher. Deshalb suchte man krampfhaft nach neuen Methoden, um die Bomberverbände aufbrechen zu können. Richard Vogt, der Chefkonstrukteur von Blohm & Voss in Hamburg, bekannt für seine unorthodoxen Ideen, kam zu folgender Erkenntnis: Je größer die Stirnfläche des angreifenden Jägers, desto früher wird er von den Bordschützen der Bomber entdeckt und unter Feuer genommen. Die Stirnfläche wird aber hauptsächlich vom eingebauten Motor bestimmt, optimal wäre also ein Flugzeug ohne Motor, das dadurch eine extrem kleine Stirnfläche haben muss. Dr. Richard Vogt hatte bereits Mitte 1943 das Projekt eines Rammjägers unter der Blohm & Voss Projektnummer 186 entwickelt, bei dem der Pilot liegend untergebracht war. Die Bewaffnung sollte aus einer 30 mm Maschinenkanone MK 108 bestehen. Das Projekt fand Interesse beim RLM, nur war man dort von der Rammjägerkonzeption nicht überzeugt und entschied sich für eine Nahbekämpfung der Bomber beim Durchflug durch den Verband. Außerdem wurde durch dieses Anhängeflugzeug, das in seiner Herstellung sehr einfach und damit kostengünstig war, die Anzahl der angreifenden Jäger schlagartig verdoppelt, ohne dass mehr Treibstoff benötigt wurde, was ebenso wichtig war. Bei Blohm & Voss überarbeitete man den Entwurf zu einem Kampfsegler als Abfangjäger. Diese Maschine sollte von einer Bf 109 oder Fw 190 etwa 500 bis 800 m über die Flughöhe des Bomberverbandes geschleppt werden und nun nach dem Ausklinken im 30° Sinkflug auf die Bomber zufliegen und dann bei etwa 1.200 m im Sturzflug mit hoher Geschwindigkeit die Bomberformation durchbrechen, wobei dabei aus beiden 30 mm Maschinenkanonen aus möglichst großer Nähe auf die überraschten Bomber gefeuert werden sollte. Diese Idee fand das RLM einer praktischen Untersuchung wert und erteilte Blohm & Voss einen Entwicklungsauftrag zur Schaffung eines Kampfseglers, oder wie es offiziell hieß, eines Gleitjägers, unter Typennummer BV 40.

Blohm & Voss BV 40 (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale der BV 40

Die BV 40 war ein einsitziger Schulterdecker in Gemischtbauweise. Der Rumpf war ein Kastenrumpf, wobei das Rumpfvorderteil als Panzerkabine ausgebildet war. Die Panzerung bestand aus Stahlblechen von 20 mm Dicke im vorderen Bugbereich, 8 mm Dicke an den Seiten und 5 mm Dicke im oberen Kabinenbereich. Die Frontscheibe bestand aus 120 mm starkem Panzerglas, während die beiden seitlichen Scheiben aus 80 mm Panzerglas bestanden. Der Pilot war liegend in einer gepolsterten Wanne, die den Brustfallschirm des Piloten aufnahm, untergebracht, wobei die Arme auf zwei Armpolstern und sein Kinn auf einer gepolsterten Stütze ruhten. Die liegende Unterbringung des Piloten hatte man bereits erfolgreich mit der Berlin B 9 (RLM Typennummer 8-341), einem zweimotorigem Versuchsflugzeug, ab Mitte 1943 in Rechlin erprobt. Die Bedieninstrumente waren an beiden Seiten vor der Liegewanne angebracht, die wenigen Armaturen, wie die beiden Höhenmesser, der Fahrtmesser, der Wendezeiger und ein Kompass waren auf einem Armaturenbrett im Sichtfeld des Piloten untergebracht. Der Steuerknüppel befand sich rechts vom Kopf des Piloten auf Höhe der Kinnstütze. Links befanden sich die Bedienhebel für die Landeklappe, den Radabwurf und die Schleppseilausklinkung. Da der Kampfsegler über keine Druckkabine verfügte, waren eine Höhenatemanlage mit Sauerstoff und eine elektrische Heizbekleidung für den Piloten eingebaut. Der Einstieg erfolgte über eine Klappe auf dem Rumpfrücken. Das Rumpfmittelstück und das Heck waren in Ganzholzbauweise hergestellt. Für den Notfall konnte die gepanzerte Kabine von dem restlichen Rumpf abgetrennt werden. Der Tragflügel mit rechteckigen Umriss hatte den typischen zentralen Rohrholm aller Vogt Konstruktionen. Die Verkleidung erfolgte mit Sperrholz, ebenso waren die verdickten Flügelwurzeln, die die Bewaffnung aufnahmen, mit Sperrholz verkleidet. Die Klappen erstreckten sich über die gesamte Hinterkante, außen als Schlitzquerruder und innen als Schlitzlandeklappen. In den Flügelwurzeln war je eine 30 mm Maschinenkanone MK 108 mit 35 Schuß als Bewaffnung untergebracht. Das Leitwerk war ebenfalls eine Ganzholzkonstruktion. Das Seitenleitwerk, ein Normalleitwerk, hatte einen rechteckigen Umriss, wobei die Höhenflosse durchgehend auf einer Pylone, die sich vor dem eigentlichen Seitenleitwerk befand, über den Rumpf angebracht und zum Rumpf hin mit je einer I-Strebe abgefangen war. Sämtliche Ruder waren unausgeglichen. Das Fahrwerk bestand aus einer gefederten Hauptkufe unter dem Rumpf und einem Schleifsporn am Rumpfheck. Zum Start befand sich der Gleiter auf einem zweirädrigen Fahrgestell, das abgeworfen wurde, wenn die Maschine eine Schlepphöhe von 8 -10 m erreicht hatte.

Blohm & Voss BV 40 (Archiv: Eberhard Kranz)

Bau und Erprobung der BV 40

Bereits im Februar 1944 hatte das RLM eine Versuchsserie von 20 Maschinen bestellt und einen Folgeauftrag über 200 Serienmaschinen angekündigt. Die erste BV 40 war im April 1944 fertiggestellt und bereits Ende Mai 1944 begannen die ersten Flugversuche. Als Schleppflugzeug diente eine zweimotorige Bf 110G. Dabei wurde eine Gleitgeschwindigkeit von 450 km/h erreicht und eine Sturzfluggeschwindigkeit von 900 km/h. Nach dem Bau von insgesamt 19 Maschinen, von denen 6 fertig gestellt wurden, die anderen befanden sich in unterschiedlichen Bauzuständen, wurde das Projekt auf Weisung des RLM im Juli 1944 abgebrochen, weil die vorgesehenen Schleppmaschinen Bf 109 G oder Fw 190 A kaum noch die Flughöhe der alliierten Bomberverbände mit dem angehängten Gleiter erreichen konnten.

Blohm & Voss BV 40 (Archiv: Eberhard Kranz)

Die BV 40 kam nie zum Einsatz

Man hatte schon während der Erprobung versucht, das Gewicht der BV 40 zu reduzieren, indem man Teile der Seitenpanzerung entfernte und die Bewaffnung auf nur eine MK 108 reduzierte. Eine Verwendung im Starrschlepp hinter einem Raketenjäger Me 163 B wurde angedacht, aber dann doch wegen des zu hohen Risikos verworfen. Auch ein Eigenantrieb mit einem Argus Pulso-Strahltriebwerk As 014, das für die V1 verwendet wurde, kam nicht zur Ausführung. Bei einem alliierten Luftangriff auf das Blohm & Voss Werk in Hamburg im September 1944 wurden dann die noch vorhandenen Versuchsmuster alle zerstört. Insgesamt wurden mit der BV 40 19 Versuchsflüge durchgeführt, wobei die Maschine annehmbare Flugeigenschaften zeigte.

Blohm & Voss BV 40 (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Blohm & Voss BV 40

Land: Deutschland
Verwendung: Kampfsegler
Erstflug: Ende Mai 1944
Besatzung: 1 Mann

Spannweite: 7,90 m
Länge: 5,70 m
größte Höhe: 1,63 m
Spurweite: Hilfsfahrgestell 1,52 m
Flügelfläche: 8,70 m²
V-Form: 0,5°
Streckung: 7,17
Leermasse: 835 kg, davon 216 kg für die Panzerkabine
Startmasse: 950 kg
Zuladung: 115 kg
Flächenbelastung: 109,20 kg/m²
Höchstgeschwindigkeit in Schlepp: 440 km/h
Höchstgeschwindigkeit im Sturzflug : 900 km/h
Gleitgeschwindigkeit normal : 450 km/h
Landegeschwindigkeit: 130 km/h
Gipfelhöhe: 10.500 m
Flugdauer: 30 min

Bewaffnung: zwei 30 mm Maschinenkanonen MK 108 mit je 35 Schuss.

Text: Eberhard Kranz

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