Bäumer B.II Sausewind
Bei der Bäumer B.II Sausewind handelte es sich um ein leichtes Sportflugzeug aus den 1920er Jahren, der Flügel war schließlich die Inspiration zum legendären Spitfire Flügel.
Entwicklungsgeschichte Bäumer B.II Sausewind
Nach der Beendigung der Kampfhandlungen durch die Unterzeichnung des Waffenstillstands am 11. November 1918 kam es zur spontanen Auflösung vieler Verbände des Kaiserlich Deutschen Heeres. Die Soldaten und Offiziere wollten nur noch nach Hause. Die folgenden Friedensverhandlungen führten zur Unterzeichnung des Vertrags von Versailles, der dem deutschen Reich die Alleinschuld am Krieg zusprach und unter anderem die Zerstörung oder Auslieferung aller Flugzeuge verlangte und den Bau von Flugzeugen in Deutschland grundsätzlich verbot. Das bedeutete das Ende der deutschen Luftfahrtindustrie aber auch das berufliche Ende für die meisten der deutschen Kampfflieger, die sich nach neuen Arbeitsmöglichkeiten umsehen mussten. Paul Wilhelm Bäumer, Jahrgang 1896, mit 43 Luftsiegen einer der erfolgreichsten deutschen Jagdflieger und Träger des Pour le Mèrite, der höchsten deutschen Kriegsauszeichnung des ersten Weltkriegs, die ihm noch am 2. November 1918 für seinen 30. Luftsieg verliehen wurde, kehrte in seine Heimatstadt Duisburg zurück, wo er sein Studium der Zahnmedizin abschloss und ab 1922 als Zahnarzt zu arbeiten begann. Inzwischen hatte die Interalliierte Überwachungskommission das generelle Bauverbot für motorgetriebene Flugzeuge aufgehoben und den Bau leichtmotorisierter Maschinen wieder erlaubt, ebenso das Fliegen mit solchen Flugzeugen. Die ersten neuen Maschinen nach den alliierten Vorschriften entstanden, gleichzeitig wurden die deutschen Flugzeughersteller sehr stark von der Überwachungskommission kontrolliert und alles, was nicht den Vorgaben entsprach, musste wieder vernichtet werden. Paul Bäumer zog es wieder in die Luft. Gemeinsam mit seinem Kriegskameraden Harry von Bülow-Bothkamp, Jahrgang 1898, mit dem er zusammen bei der Jagdstaffel (Jasta) 2 „Boelcke“ geflogen war, gründete er am 7.11.1922 die Firma Bäumer Aero GmbH. Laut Gesellschaftsvertrag war der Vertrieb von Flugzeugen und allem Zubehör zu Flughafen und Luftschifffahrt Ziel des Unternehmens. Man übernahm den Vertrieb von Flugzeugen des Udet Flugzeugbaus und der Dietrich Flugzeugwerke für Norddeutschland. Zu diesem Zweck mietete man eine Halle am Flughafen Fuhlsbüttel in Hamburg. Aber auch an den Bau eigener Flugzeuge dachte Paul Bäumer. 1924 fuhr er zum Treffen der Segelflieger auf die Wasserkuppe, dort traf sich alljährlich alles, was auf diesem Gebiet der Fliegerei Rang und Namen hatte, aber auch viele junge ideenreiche Studenten versuchten ihre Ideen an den Mann zu bringen. Dort kam Paul Bäumer mit zwei Brüdern aus Thüringen, Walter und Siegfried Günter, ins Gespräch. Beide waren Studenten an der TH Hannover und seit 1922 Mitglieder der Akaflieg Hannover. Auf der Wasserkuppe zeigten sie das Segelflugzeug H6 Pelikan, das über einen neuartigen Trapezflügel mit selbsttragender Bespannung verfügte. Konstrukteur war Walter Günter, der gleichzeitig an einem weiteren Flugzeug, dem doppelsitzigen Schulsegler H7, arbeitete, während sein Bruder Siegfried sein erstes Flugzeug, die H8 Phoenix entwickelte. Paul Bäumer überzeugte Walter und Siegfried Günter, sowie Walter Mertens und Werner Meyer-Cassel zu ihm nach Hamburg zu kommen und bei der Bäumer Aero GmbH tätig zu werden, wo sie ihre Ideen an den zu entwickelnden Leichtflugzeugen verwirklichen könnten. 1924 verließ dann Walter Günter ohne Abschluß die TH Hannover und begann bei Bäumer Aero. Sein Bruder Siegfried folgte ihm 1925 allerdings mit Abschluss.
Es soll sich vorher folgendes Gespräch zwischen den Brüdern Günter und Professor Dr.-Ing. Pröll, dem Leiter des Flugwissenschaftlichen Forschungsinstituts der TH Hannover, zugetragen haben: Walter und Siegfried Günter: „Herr Professor, was können Sie uns noch beibringen?“
Prof. Pröll: „Euch kann ich nichts mehr beibringen, doch macht erst noch euren Abschluss, damit ihr bei Bewerbungen etwas vorzuweisen könnt.“
Walter und Siegfried Günter: „Wir haben unser Können, das muss reichen.“
Quelle: Akaflieg Hannover
Das erste Projekt war die Bäumer B.I „Roter Vogel“, eine Weiterentwicklung des Segelflugzeuges H6 „Pelikan“, das von Siegfried Günter bei der Akaflieg Hannover entwickelt und dort gebaut worden war, zu einem Motorsegler mit einem Douglas Motorradmotor mit 300 cm³, der maximal 8,5 PS abgab, was nicht zum Eigenstart auf einem ebenen Rollfeld reichte. Der Start erfolgte übrigens durch Hinabrollen eines Hanges bei gleichzeitigem Vollgas des Motors.
Flugwettbewerbe wurden wieder ausgeschrieben
Für 1925 hatten die Brüder Ullstein, Herausgeber der BZ am Mittag, zum ersten Male nach dem Krieg wieder angekündigt, den BZ Preis der Lüfte mit insgesamt 100.000 Reichsmark Preisgeld im Rahmen des Deutschland-Rundfluges durchzuführen. Die Gesamtsumme aller Preisgelder betrug 195.000 Reichsmark. Die Veranstaltung sollte vom Deutschen Luftfahrtverband und dem deutschen Aero Club gemeinsam organisiert und durchgeführt werden. Ziel war es, den deutschen Motorflugsport nach der Lockerung des totalen Flugverbotes des Versailler Vertrags wieder zu neuem Leben zu erwecken.
Als Termin war der Zeitraum vom 31. Mai bis zum 19. Juni 1925 vorgesehen. Der Rundflug ging über eine Gesamtstrecke von 5.000 km, wobei insgesamt 34 Städte angeflogen werden mussten.
Es konnte in drei Kategorien gestartet werden:
A Leichtflugzeuge bis 40 PS Motorleistung
B Flugzeuge bis 80 PS Motorleistung
C Flugzeuge bis 120 PS Motorleistung
Paul Bäumer wollte mit einer Eigenkonstruktion teilnehmen
Paul Bäumer war entschlossen mit einer Neukonstruktion an dem Rundflug teilzunehmen, zumal das Preisgeld sehr willkommen war. Er beauftragte die Brüder Walter und Siegfried Günter ein entsprechendes Flugzeug, die B.II, speziell dafür zu konstruieren und zu bauen. Als Antrieb musste ein vorhandener luftgekühlter Drei-Zylinder-Sternmotor Wright „Gale 4a“ mit einer Startleistung von 65 PS (47,8 kW) verwendet werden, ansonsten hatten beide bei der Gestaltung der B.II freie Hand. Es war aber klar, dass sie sich an dem von Walter Günter in der Zeitschrift Flugsport Nr.19/1924 auf Seite 378 formulierten Punkten orientieren würden:
“Daß die Zuverlässigkeit der Leichtmotoren in einem großen Teil der gebauten Flugzeuge nicht befriedigt, liegt wohl nur daran, daß die Motoren in diesen Flugzeugen dauernd mit annähernd Höchstleistung beansprucht werden. Ich halte es aber für einen Irrtum, daraus zu folgern, daß man die Motoren verbessern muß. Ich glaube vielmehr, daß es richtig und technisch jedenfalls fortschrittlicher ist, daß man die Flugzeuge aerodynamisch sorgfältiger baut, so daß man mit einer erheblich geringeren Motorleistung genügende Flugleistungen erzielt. Ein großer Teil der angeführten Flugzeuge ist in diesem Punkte noch sehr verbesserungsfähig. Vielleicht ist auch der Wirkungsgrad der Luftschraube schlecht...“
„Aerodynamisch sorgfältiger“ bezogen er und sein Bruder Siegfried auf die Flügelform, die Wahl des Profils, die Flügelstreckung, die Rumpf- und Leitwerksform, die Gestaltung der Übergänge von Rumpf zu Flügel, sowie die allgemeine Oberflächengüte des Flugzeugs. Dort sahen sie die großen Entwicklungspotentiale, die sie bei ihrer Konstruktion angehen wollten.
Hauptkonstruktionsmerkmale der Bäumer B.II
Der Entwurf sah einen freitragenden Tiefdecker in Ganzholzbauweise mit Normalleitwerk und festem Heckspornfahrwerk vor. Zum ersten Male hatte man hauptsächlich unter aerodynamischen Gesichtspunkten versucht, ein Flugzeug zu konzipieren. Paul Bäumer fand das Konzept so gut, dass er am 28. Mai 1925 unter dem Aktenzeichen B 120 063 für die Bäumer Aero GmbH ein Patent für ein „Eindeckerflugzeug mit freitragenden Flügeln“ anmeldete. Der torpedoförmige Rumpf mit leicht ovalen Querschnitt war eine Ganzholzkonstruktion bestehend aus Spanten, die mit Pfetten verbunden waren und auf denen die Sperrholzbeplankung geschraubt war. Die Schraubenlöcher und die Materialstöße waren sorgfältig verspachtelt und überschliffen worden. Die gesamte Sperrholzoberfläche wurde vor dem Lackieren fein geschliffen um die bestmögliche Oberflächengüte zu erreichen. Im Rumpfbug war der Dreizylinder-Sternmotor untergebracht, lediglich die Zylinderköpfe ragten aus der Kontur des Rumpfes hervor. Die Propellerwelle die den festen Zweiblattpropeller antrieb und die Propellernabe waren unter einem, der Rumpfkontur angepassten, großen Spinner aus Leichtmetall versteckt. Die Abgase der einzelnen Zylinder wurden in einer Ringleitung gesammelt und unter dem Rumpf über einen gemeinsamen Auspuff abgeleitet. Hinter dem Brandschott aus 2mm Stahlblech befand sich der Kraftstofftank mit einem Fassungsvermögen von 70 Litern. Die beiden Sitze für den Piloten und einen Fluggast waren hintereinander angebracht, wobei die Sitze durch den Tragflächenholm getrennt waren, das hieß, einer saß vor dem Holm und der zweite dahinter, also saßen sie eigentlich im Flügel. Dadurch konnte der Rumpf aerodynamisch glatt geformt werden. Der hintere Sitz ging mit einer tropfenförmigen Verkleidung in die Rumpfkontur über. Im Rumpf waren sämtliche Steuerelemente für das Seitenleitwerk und auch die Stoßstangen zur Höhenruderbetätigung untergebracht. Als absolute Neuheit war das glockenförmige Seitenleitwerk als Pendelruder ausgeführt, es gab also kein herkömmliches Seitenruder. Das Seitenleitwerk war ebenfalls eine mit Sperrholzkonstruktion, die mit Sperrholz beplankt war. Das freitragende Höhenruder, ebenfalls als Pendelruder ausgeführt, hatte einen elliptischen Grundriss und war ebenfalls eine mit Sperrholz beplankte Holzkonstruktion. Am unteren Rumpfende befand sich der gefederte Schleifsporn mit breitem Gleitschuh aus Stahl. Die freitragende Tragfläche war dreiteilig aufgebaut, ein kurzes Flügelmittelstück und die beiden Außenflügel. Bei der B.II wurde auf Vorschlag Walter Günters zum ersten Male in der Luftfahrt ein elliptischer Tragflügel realisiert. Während des Studiums an der TH Hannover hatte er sich mit den Auftriebsbeiwerten der verschiedenen Tragflächenformen beschäftigt, unter anderem mit trapezförmigen, geraden, dreieckigen oder kreisförmigen Tragflächen. Dabei zeigte sich, dass der elliptische Tragflügel eine optimale Auftriebsverteilung über die gesamte Spannweite besaß. Das hieß, der Auftriebsbeiwert war gleichmäßig hoch. Lediglich der Bau eines elliptischen Tragflügels war komplizierter und teuerer. Die Außenflügel waren einholmig aufgebaut und hatten je 14 formgebende Rippen, die wieder durch Längspfetten zusätzlich zum Holm verbunden waren. Als Profil wählte Walter Günter ein relativ dickes Profil aus, da er im Tragflügel die Federpakete des Hauptfahrwerks unterbringen wollte, das an den Hauptholm angeschlagen war. An der Hinterkante der Außenflügel waren große Querruder mit elliptischer Hinterkante angebaut. Die Querruder hatten einen Gewichtsausgleich an der Unterseite zur Trimmung. Die Tragflächen waren komplett mit Sperrholz beplankt, lediglich die Querruder war en stoffbespannt. Besonderen Wert hatte man auf die Übergänge vom Rumpf zu den Tragflächen gelegt, diese waren ausgerundet und ebenfalls gespachtelt und verschliffen. Das Hauptfahrwerk verfügte über an den Fahrwerksbeinen einzeln aufgehängte Niederdruck-Scheibenräder mit relativ großem Durchmesser. Das Flugzeug hatte, wie damals üblich keine Bremsen an den Rädern.
Die fertige Bäumer B.II
Anfang April 1925 war die Bäumer B.II fertig gestellt und erhielt ihren Eigennamen Sausewind. Mitte April erfolgte dann die erfolgreiche Abnahme durch die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL). Das Flugzeug erhielt die Kennung D-639, die in Weiß auf die Seitenleitwerksflosse und auf die Tragflächenunterseite des knallrot lackierten Flugzeuges aufgebracht wurde. Lediglich die Motorverkleidung und der Spinner waren ebenfalls weiß lackiert. Am 26. Mai 1925 startete dann Paul Bäumer zum Erstflug in Fuhlsbüttel. Er war zufrieden, die Maschine zeigte sehr gute Flugeigenschaften. Nach der offiziellen Meldung zum Deutschland-Rundflug und dem BZ Preis der Lüfte überführte man den Sausewind nach Berlin, wo das elegante Flugzeug schon vor dem Start viel Aufsehen erregte. Am 31. Mai 1925 startete dann Paul Bäumer zum Wettbewerb. In fünf Zweitagesetappen legte er 5.242 km zurück. Die offizielle Flugzeit betrug einschließlich einiger Notlandungen 91 Stunden und 12 Minuten. Damit belegte er den zweiten Platz in der Wettbewerbsklasse B hinter Karl Hochmuth mit dem Udet Tiefdecker U10. Das Preisgeld für Bäumers zweiten Platz betrug 15.000 Reichsmark. Bereits am 15. Juni bis zum 23. Juli 1925 nahm Paul Bäumer mit der D-639 an dem Otto Lilienthal Wettbewerb teil, der von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) in Berlin durchgeführt wurde. In der Kategorie B Flugzeuge bis 80 PS Motorleistung belegte die B.II überlegen den ersten Platz. Die größte Geschwindigkeit in 100 m Höhe betrug 183,5 km/h, der Zweitplatzierte erreichte nur 157,5 km/h. Die erflogene Gipfelhöhe betrug 4.770 m, der zweiplatzierte errichte nur 4.110 m. Das beste Steigen wurde mit 2,11 m/s ermittelt. Damit hatte Bäumer Aero mit dem Sausewind bereits den zweiten Erfolg binnen weniger Wochen erzielt. Dies blieb auch offiziellen Stellen nicht verborgen. Im August 1925 kaufte das Reichsverkehrsministerium durch Ministerialdirektor Ernst Brandenburg die D-639 für die Deutsche Verkehrsfliegerschule (DVS) in Staaken. Der Kaufpreis betrug 22.500 Reichsmark. Aber bereits am 19. September 1925 bei der Teilnahme am Sachsen-Rundflug ging die Maschine bei einer Notlandung durch Motorprobleme verloren.
Nach einem Unfall wurde die Bäumer B.II überarbeitet
Bereits Mitte 1925 beschlossen Paul Bäumer, Siegfried und Walter Günter eine leicht überarbeitete Sausewind mit der Bezeichnung B.IV zu bauen. Ziel war es, die Höchstgeschwindigkeit zu verbessern und gleichzeitig die Landegeschwindigkeit zu verringern, um mit der neuen Maschine die internationalen Rekorde anzugreifen. Der Grundaufbau der B.II blieb, lediglich die Tragfläche wurde auf 9,15 m reduziert, das Profil modifiziert, gleichzeitig der Rumpf auf 6,25 m verlängert und durch die etwas kürzeren Tragflügel verringerte sich die Flügelfläche auf 11,20 m². Die Tankkapazität erhöhte man auf 85 Liter, was zu einer etwas höheren Abflugmasse von 575 kg führte. Im Mai 1926 war die B.IV (Werknummer 104) fertig gestellt und bereits bei den ersten Flügen stellte Paul Bäumer eine höhere Höchstgeschwindigkeit fest. Das Flugzeug erreichte 210 km/h und war damit das schnellste deutsche Flugzeug zu dieser Zeit. Die Landegeschwindigkeit sank durch das neue Profil auf 85 km/h. Damit waren die wichtigsten Ziele erreicht. Das Flugzeug erhielt die offizielle Kennung D-885 und wie schon sein Vorgänger einen knallroten Anstrich. Aber bereits am 30. März 1927 ging die Maschine wegen des Verlusts der Steuerbarkeit, verursacht durch einen fehlerhaften Höhensteuerbolzen, total zu Bruch und musste abgeschrieben werden. Die gleichzeitig im Bau befindliche Werksnummer 105 wurde im Juli 1927 fertig, wieder knallrot lackiert und mit der Kennung D-1158 versehen. Mit dieser Maschine wollte Paul Bäumer die internationalen Rekorde in der Klasse „leichte zweisitzige Motorflugzeuge“ angreifen. Am 8. Juli 1927 flog Paul Bäumer einen neuen Höhenweltrekord für leichte einsitzige Motorflugzeuge mit 6.782 m. Bereits zwei Tage später, am 10. Juli 1927, erzielte er zusammen mit Friedrich Puls in der Klasse „leichte zweisitzige Motorflugzeuge“ einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord über 100 km mit 191,100 km/h. Die Maschine wurde 1936 aus der Luftfahrtsrolle gestrichen und an die Deutsche Luftfahrtausstellung in Berlin gegeben. Im Ergebnis des zweiten Weltkriegs ist die B.IV Sausewind verschollen.
Paul Bäumer fand im Juli 1927 den Fliegertod
Am 15. Juli 1927 verunglückte Paul Bäumer bei der Vorführung einer Rohrbach „Rofix“ in Dänemark tödlich, als aus dem Trudeln nicht mehr heraus kommt. Damit ist die treibende Kraft hinter der Bäumer Aero GmbH verloren und das Schicksal der Firma langfristig besiegelt. Im September 1927 wurde noch ein Exemplar der B.IV mit der Werknummer 106 und der Zulassung D-1414 als B.IVa bezeichnet fertig gestellt. Die Spannweite war auf 8,95m verkürzt worden, ansonsten war sie mit der D-1158 identisch. Am 4. Oktober 1927 erflogen Dr.-Ing. Werner von Langsdorff und Emil Petersen auf der Messstrecke Fuhlsbüttel-Neumünster-Fuhlsbüttel über die 100 km Distanz einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord für Flugzeuge der Klasse C 1.Kategorie (zweisitzig) mit 214,80 km/h. Wenige Tage später am 10. Oktober folgte noch einen Höhenweltrekord mit 6401 m. Auf der Internationalen Luftfahrt Ausstellung (ILA) vom 7. bis 28. Oktober 1928 in Berlin wurde das Weltrekordflugzeug D-1414 ausgestellt. Es kam aber zu keinen neuen Bestellungen. Da war das Flugzeug schon Eigentum der Luftverkehrsgesellschaft Hamburg, die mit der D-1414 am Wettbewerb „Challenge International d’Avions de Tourisme 1929“ teilnehmen wollte. Der Konkurs der Firma verhinderte dies jedoch. Der Ex-Geschäftsführer der Firma Ernst Petersen betrieb mit der Maschine von Ende 1929 bis April 1931 einen unregelmäßigen Postflugverkehr zu den Nordseebädern. Im Mai 1931 verkaufte er die D-1414 an den Grafen Reventlow, einen Fluganfänger, der dann auch prompt am 14. Mai 1931 in der Pötenitzer Wiek vor Travemünde mit der Maschine einen totalen Bruch veranstaltete. Anfang 1931 gingen die Brüder Siegfried und Walter Günter zu Heinkel nach Rostock-Marienehe, wo sie ihre Erfahrungen mit dem Sausewind bei vielen Heinkel Modellen anwandten. Heinkel Flugzeuge waren in den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts die schnellsten, die modernsten und die formschönsten der Welt. Die elliptischen Tragflügel der Gebrüder Günter wurden das Markenzeichen der schnellen Heinkels. Siegfried Günter entwarf bei Heinkel die He 70, He 100, He 111 und He 116, während sein Bruder Walter für die He 64, He 176 und He 178 verantwortlich zeichnete. Leider verunglückte er am 21. September 1937 bei einem Autounfall tödlich.
Großbritannien übernahm den Flügel für die legendäre Spitfire
1938 importierte Großbritannien eine He 70 G, die unter der Kennung G-ADZF Rolls Royce zur Motorerprobung zur Verfügung gestellt wurde. Das Flugzeug wurde gründlich analysiert und mehrfach komplett im Windkanal vermessen. Mit einem Rolls Royce Kestrel V (640 PS Startleistung) erreichte man Anfang 1938 eine Höchstgeschwindigkeit von 412 km/h, während mit einem Rolls Royce Peregrine I (Startleistung 885 PS) Ende 1938 bereits 481 km/h erreicht wurden. Am 3. Februar 1958 bekannte der Chefaerodynamiker von Supermarine, Beverley Shenstone, anlässlich der Beerdigung von Ernst Heinkel, dass die He 70 für die aerodynamischen Parameter und die Auslegung der legendären Supermarine Spitfire Pate stand. So war also die fast unbekannte Bäumer B.II Sausewind der Brüder Günter mit ihrem damals revolutionären Design die Urahnin des bekanntesten englischen Jagdflugzeuges des zweiten Weltkriegs. Am 14. Oktober 1932 wird die Bäumer Aero GmbH aus dem Handelsregister Hamburg gelöscht. Von den wenigen gebauten Flugzeugen hat leider keines überlebt.
Technische Daten: Bäumer B.IV Sausewind
Deutschland
Verwendung: leichtes Sportflugzeug
Triebwerk: ein luftgekühlter Drei-Zylinder-Sternmotor Wright „Gale 4a“ mit starrem Zweiblatt-Holz-Propeller Heine
Startleistung: 65 PS (47,8 kW)
Dauerleistung: 55 PS (40,4 kW) in 2.000 m
Baujahr: 1926
Besatzung: 2 Mann
Abmessungen:
Spannweite: 9,15 m
Länge: 6,25 m
größte Höhe: 2,15 m
Spannweite Höhenleitwerk:2,82 m
Rumpfhöhe:0,96 m
Rumpfbreite: 0,825 m
größte Flügeltiefe: 0,385 m
Propellerdurchmesser: 1,85 m
Propellerfläche: 2,69 m²
Spurweite:1,15 m
Radstand: 4,12 m
Raddurchmesser: 650 mm
Flügelfläche: 11,20 m²
V-Form: 6,5 +°
Streckung: 7,46
Massen:
Leermasse: 280 kg
Startmasse normal: 450 kg
Startmasse maximal: 490 kg
Nutzlast: 210 kg
Tankinhalt: 72 Liter
Schmierstoff: 12 Liter
Kraftstoffverbrauch: 22,5 Liter/h
Schmierstoffverbrauch: 0,7 Liter/h
Flächenbelastung: 43,75 kg/m²
Leistungsbelastung: 7,54 kg/PS (10,25 kg/kW)
Leistungen:
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 210 km/h
Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: 215 km/h
Reisegeschwindigkeit in 2.500 m: 150 km/h
Landegeschwindigkeit: 85 km/h
Gipfelhöhe: 5.500 m
Steigleistung: 3,8 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 4,5 min
Steigzeit auf 2.000 m: 10,5 min
Steigzeit auf 6.000 m: 44 min
Reichweite normal: 550 km
Reichweite maximal: 710 km
Flugdauer: 5 h
Startstrecke: 220 m
Landestrecke: 205 m
Text: Eberhard Kranz