Alcor C-6-1 Junior Transport
Die Alcor C-6-1 Junior Transport war ein zweimotoriges Reiseflugzeug von Allen Lockheed. Der erste Prototyp stürzte während der Erprobung ab und die Unternehmung ging danach Pleite.
Geschichte Alcor C-6-1 Junior Transport
Nachdem Allan H. Lockheed 1930 mit seinem Bruder Malcolm zusammen die Firma Lockheed Brothers Aircraft Corporation gegründet hatte, hatte er die Idee, ein zweimotoriges Flugzeug mit dem Flugverhalten eines einmotorigen zu entwickeln. Aus dieser Idee entstand 1930 die Lockheed Duo-4, die später nach einer Kollision 1934 mit stärkeren Triebwerken zur Duo-6 umgebaut wurde. Obwohl die erflogenen Leistungen und das Flugverhalten als gut bis sehr gut bewertet wurden, war das Projekt vom Pech verfolgt. Ende 1935 zerschellte die Maschine nach einem Landeunfall auf eisglatter Piste. Die Gläubiger zogen ihr Geld ab und die Lockheed Brothers Aircraft Corporation wurde mangels Masse aufgelöst und aus dem Handelsregister gestrichen. Aber Allan H. Lockheed gab nicht auf. Er war von seiner Idee überzeugt und nachdem die US Regierung im Oktober 1934 die Verwendung einmotoriger Flugzeuge zur Personenbeförderung per Gesetz stark eingeschränkt hatte, waren nun mehrmotorige Flugzeuge zur Personenbeförderung für die vielen großen und kleinen Luftverkehrsgesellschaften überlebenswichtig geworden. Hierin sah Allan H. Lockheed seine große Chance. Sein zweimotoriges Flugzeug ließ sich wie ein einmotoriges fliegen, das bedeutete, die vielen Piloten, die bisher einmotorig geflogen waren, mußten nicht auf mehrmotorige Flugzeug kostspielig und zeitaufwendig umgeschult werden. So überzeugte er Investoren von seiner Idee und im Februar 1937 konnte er seine neue Firma Alcor Aircraft Corporation in Oakland, Kalifornien, gründen. Alcor stand für Allan Lockheed Corporation. Ziel der Firma war die Schaffung moderner zweimotoriger Verkehrs- und Reiseflugzeuge für 6-8 Passagiere nach dem bereits getesteten und bewährten Aufbau der Duo-4 und Duo-6. Das erste neuentwickelte Flugzeug, das die Bezeichnung C-6-1 erhielt, wobei C für Comercial Transport, 6 für 6 Passengers und 1 für Model 1 standen, stellte eine Weiterentwicklung der Lockheed Duo-6 dar.
Konstruktionsmerkmale der Alcor C-6-1 Junior Transport
Die Maschine war ein zweimotoriger, freitragender Tiefdecker in überwiegender Holzbauweise mit freitragendem Normalleitwerk und einziehbarem Heckradfahrwerk. Die beiden Motoren waren ähnlich wie bei der Duo-6 nebeneinander im den Flügelwurzeln angebracht. Als Triebwerke verwendete man zwei luftgekühlte hängende Sechszylinder-Reihenmotoren Menasco C6 S-4 Super Buccaneer mit einstufigem Turbolader. Die Startleistung betrug je 260 PS (191 kW). Um eine bessere Umströmung des Leitwerks durch die von den Propellern nach hinten gedrückten Luft zu erreichen, kippte man die Motoren um 3,5 Grad zur Längsachse. Ähnlich hatte man dies ja auch bei den beiden Außenmotoren der Ju 52/3m praktiziert. Den Abstand zwischen den beiden Propellerkreisen vergrößerte man auf 12 inch (0,3048 m), um dort den befürchteten Turbulenzen aus dem Wege zu gehen. Die beiden Propeller drehten sich gegenläufig, so dass sich ihre Momente gegenseitig aufhoben. Eine Untersuchung im Luftkanal hatte Allan Lockheed zwar angedacht, aber aus Kostengründen wieder fallen lassen. Die Motoren verkleidete man in der Flügelnase sehr geschickt, so dass die Verkleidung wie eine Vergrößerung der Tragfläche wirkte und zusätzlichen Auftrieb erzeugte. Über zwei längliche Öffnungen wurden die Motoren mit Kühlluft versorgt. Im Standbetrieb lieferte ein Kühlerrad zusätzliche Kühlluft. Die Motorenaufhängungen und die beiden durch den Rumpfbug gehenden Motorenträger bestanden aus Stahl, die Verkleidungen im Motorenbereich aus Leichtmetallblechen. Der Rumpf mit einem rechteckigen Querschnitt, der nach oben verrundet war, ähnlich einem Eisenbahnwaggon, war eine Ganzholz-Halbschalenkonstruktion, die aerodynamisch sehr gut durchgebildet war. Lediglich die Beschläge und Knotenbleche waren aus Metall. Als Außenverkleidung verwendete man zweischichtiges kreuzweise verleimtes Sperrholz, das heiß verpreßt war. Alle Formteile, wie Flügelnasen und gewölbte Rumpf- und Leitwerksverkleidungen wurden heiß formgepresst. Nach der Anbringung am Rumpfskelett verspachtelte man die Zwischenräume und verschliff anschließend die ganze Oberfläche, ehe sie lackiert wurde. Der Rumpf verfügte über eine separate Pilotenkabine, die komplett verglast war, wobei die beiden Frontscheiben V-förmig angebracht waren. Die Seitenscheiben auf der linken Kabinenseite ließen sich nach hinten schieben. Die Passagierkabine war schallisoliert und bot sechs Fluggästen in bequemen Einzelsitzen großzügig Platz. Jeder Sitz hatte ein eigenes großes rechteckiges Fenster, eine Kaltluftdusche, sowie eine Warmluftheizung. Der Einstieg erfolgte durch eine Tür auf der linken, hinteren Rumpfseite. Hinter dem Einstieg befand sich ein kleiner Waschraum mit Toilette und ein kombinierter Garderobe- und Gepäckraum. Die Tragfläche bestand aus einem Tragflächenmittelstück und zwei Außenflügeln. Alles waren zweiholmige Ganzholzkonstruktionen, die neben den Hauptfahrwerken auch noch je einen Kraftstofftank aufnahmen. Das Profil der Tragflächen war Clark Y-18. Die gesamte Tragflächenhinterseite nahmen die Querruder und großflächige Landeklappen ein, die sämtlich aus Holz bestanden und mit Sperrholz verkleidet waren. Strömungsgünstig war der Übergang von der Tragflächenwurzel zum Rumpf hin durch große Formteile gelöst. Das glockenförmige Seitenleitwerk nahm das Höhenleitwerk auf und ging nach unten in den Rumpf über. Nach vorn lief es in einem großen Radius in dem Rumpf aus. Das gesamte Leitwerk war eine mit Sperrholz verkleidete Holzkonstruktion. Das linke Höhenruder verfügte über eine relativ große Trimmklappe. Das Heckradfahrwerk war einziehbar ausgeführt. Die Haupträder drehten sich hydraulisch beim Einziehen um 90 Grad, damit die Räder flach in den Tragflügelunterseiten eingefahren werden konnten. Die Schächte wurden nicht mit Klappen verschlossen. Beide Haupträder wurden hydraulisch gebremst. Das Heckrad war starr, konnte aber am Boden um 40 Grad geschwenkt werden. Beim Start war es festgestellt.
Flugerprobung der Alcor C-6-1 Junior Transport
Im Januar 1938 war die Maschine fertiggestellt und erhielt die zivile Kennung NX15544. Am 6. März 1938 startete Mike Casserly mit der C-6-1 zum Erstflug. Nach der Landung zeigte er sich begeistert von den sehr guten Flugeigenschaften. In den weiteren Flügen zeigte das Flugzeug sehr gute Flugleistungen. Um schneller die Flugerprobung abschließen zu können und das Luftfahrttauglichkeitszeugnis zu bekommen, wurde zusätzlich Eddie Allen als Pilot verpflichtet. Inzwischen hatte Allen Lockheed begonnen, das Flugzeug zu vermarkten. Der Verkaufspreis sollte unter 30.000 US Dollar liegen und man erwartete einen guten Auftragseingang. Am 27. Juni 1938 flogen Casserly und Allen entgegen den Weisungen von Allen Lockheed einen Hochgeschwindigkeitsversuch. In 4.877m Flughöhe riss bei einer Geschwindigkeit von 483 km/h nach kurzem Flattern das linke Querruder ab und die Maschine konnte nicht mehr aus dem folgenden Trudeln herausgebracht werden. Die beiden Piloten sprangen mit dem Fallschirm ab. Die C-6-1 stürzte in die San Francisco Bay. Die Maschine war zwar versichert gewesen, doch wurde die Versicherungssumme an die Investoren verteilt, so daß Allen Lockheed kein Geld für einen Neubau blieb. Im Frühjahr 1939 stellte die Alcor Aircraft Corporation ihre Tätigkeit ein, obwohl schon das Projekt 6-2 konstruktiv fertig bearbeitet vorlag. Als Antrieb wollte man dafür luftgekühlte 12 Zylinder-Reihenmotoren Menasco B12 mit 520 PS (382 kW) verwenden. Die geplante Höchstgeschwindigkeit sollte 350 Miles/h (563 km/h) betragen. Es wäre somit das schnellste amerikanische Verkehrsflugzeug dieser Zeit gewesen. Allen Lockheed blieb zwar bis an sein Lebensende eng mit der Luftfahrt verbunden, baute aber nach der C-6-1 kein Flugzeug nach eigenen Entwürfen mehr.
Technische Daten: Alcor C-6-1 Junior Transport
Verwendung: Leichtes Reise- und Verkehrsflugzeug
Land: USA
Triebwerk: zwei luftgekühlte 6 Zylinder Reihenmotoren Menasco B6S-4 Super Buccaneer mit Turbolader und verstellbaren Zweiblatt-Metallpropellern Fairchild Constant-speed
Startleistung: je 260 PS (191 kW) bei 2.320 U/min
Dauerleistung: 210 PS (154 kW) in 3.600 m bei 2.020 U/min
Erstflug: 6. März 1938
Baujahr: 1938
Besatzung: 1 Pilot
Passagiere: 6 später für 8 geplant
Abmessungen:
Spannweite: 14,94 m
Länge: 9,65 m
größte Höhe: 4,04 m
Spannweite Höhenleitwerk: 5,49 m
größte Flügeltiefe: 2,64 m
Propellerdurchmesser: 2,32 m
Propellerfläche: 4,23 m²
größte Rumpfhöhe: 1,76 m
größte Rumpfbreite: 1,52 m
Spurweite: 4,04 m
Radstand: 7,02 m
Flügelfläche: 29,54 m²
Pfeilung der Tragflächenvorderkante: 10°
V-Form: 7,5°
Streckung: 7,56
Massen:
Leermasse: 1.878 kg
Nutzlast: 590 kg
Startmasse normal: 2.812 kg
Startmasse maximal: 2.949 kg
Tankinhalt: 454 Liter
Schmierstofftank: 22,7 Liter
Flächenbelastung: 99,83 kg/m²
Leistungsbelastung: 5,67 kg/PS (7,71 kg/kW)
Leistungen:
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 295 km/h
Höchstgeschwindigkeit in 2.225 m: 386 km/h
Reisegeschwindigkeit in 2.225 m: 340 km/h
Wirtschaftlichste Geschwindigkeit: 306 km/h
Im Einmotorenflug:
Höchstgeschwindigkeit: 237 km/h
Reisegeschwindigkeit in 2.250 m : 208 km/h
Gipfelhöhe: 7.315 m
Gipfelhöhe im Einmotorenflug: 3.840 m
Steigleistung: 8,2 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 2,0 min
Steigzeit auf 3.000 m: 8,0 min
Steigzeit auf 5.000 m: 15,0 min
Reichweite normal: 1.255 km
Reichweite maximal: 1.344 km
Landegeschwindigkeit: 100 km/h
Startstrecke: 200 m
Landestrecke: 240 m
Flugdauer: 4,5 h