Chengdu J-10 Vigorous Dragon
Die Chengdu J-10 Vigorous Dragon ist ein Mehrzweckkampflugzeug aus China. Die Maschine steht seit 2004 im Einsatz bei der chinesischen Luftwaffe.
Entwicklungsgeschichte Chengdu J-10 Vigorous Dragon
1981 unterbreitete der Oberbefehlshaber der chinesischen Volksbefreiungsarmee Zhang Tingfa dem Politbüro der KP Chinas und dessen Vorsitzenden Deng Xiaoping den Vorschlag von der chinesischen Luftfahrtindustrie ein modernes Jagdflugzeug der vierten Generation zu entwickeln. Grund für eine neu angeregte Entwicklung waren die in großen Stückzahlen, über 3.500 Exemplare, im Einsatz befindlichen Shenyang J-6 (MiG-19), Chengdu J-7 (MiG 21) und Nanchang Q-5 (eine komplett überarbeitete MiG-19) technisch und alter her überholt waren. Gleichzeitig wollte man sich unabhängiger von der damaligen sowjetischen Luftfahrtindustrie machen. Nach langer Prüfung, über ein Jahr, durch die Zentrale Militärkommission der Volksrepublik genehmigte man das Vorhaben und gab 500 Millionen RMB (62,5 Millionen Euro) als Budget frei. Die oberste Luftwaffenführung dachte bei dem neuen Jagdflugzeug an eine Maschine, die der französischen Dassault Rafale, der russischen MiG-29M oder dem Eurofighter EF 2000 Typhoon ebenbürtig sein sollte. Das neue Flugzeug sollte erstmals für China in einem Wettbewerb ermittelt werden. Die Ausschreibung ging an Shenyang Aircraft Corporation (SAC), Hongdu Aviation Industry Group Ltd. und Chengdu Aircraft Corporation (CAC). Alle drei Hersteller reichten ihre Entwürfe 1983 ein, Shenyang eine Variante der J-13, Hongdu einen Schwenkflügler ähnlich der MiG-23 und Chengdu die Jian-10. Nach eingehender Prüfung erhielt Chengdu Aircraft Corporation den Zuschlag, die J-10 zu entwickeln und zu bauen. Erstmals in der chinesischen Luftfahrt wurde festgelegt, dass der Hersteller direkt mit dem Auftraggeber, den chinesischen Luftstreitkräften, kommunizieren muss und so auftretende Probleme sofort gemeinsam besprochen und gelöst werden, ohne dass ein Moderator, Staat oder Partei, dazwischengeschaltet wird. Da zu der Zeit die Luftfahrtindustrie der Volksrepublik China ohne Hilfe von außen noch nicht in der Lage war, ein solches komplexes Flugzeug komplett eigenständig zu entwickeln, lag es nahe, sich über gleichwertige ausländische Flugzeuge zu informieren. Mitte der 1980iger Jahre entwickelte Israel Aircraft Industries Ltd. (IAI) ein modernes Mehrzweckflugzeug der vierten Generation, die Lavi, die in Zusammenarbeit mit den USA entstand und in den Leistungen denen der F-16 Fighting Falcon entsprach und diese sogar übertraf. Das war aber nicht im Sinne der amerikanischen Politik, einen ernsthaften Konkurrenten der F-16 mitzuentwickeln, der dann auf dem internationalen Märkten Aufträge wegschnappte, also beendete man die Zusammenarbeit und Israel war allein nicht in der Lage, materiell und finanziell, die Lavi bis zur Serienreife weiter zu entwickeln. Es wurden schließlich nur drei Prototypen fertig gestellt und ausgiebig getestet, danach wurde das Programm beendet. Der Leiter des Entwicklungsteams von Chengdu Aircraft Corporation, Song We Cong besuchte ab 1985 viele internationale Luftfahrtmessen, um sich über den Stand der Technik zu informieren. So gibt es ein Foto, dass ihn vor einem Prototypen der Lavi zeigt. 1988 erschien in der Sunday Times eine Notiz, dass Israel und die Volksrepublik China zusammen ein neues Jagdflugzeug der vierten Generation entwickeln wollen. Das wurde aber umgehend von der israelischen Regierung offiziell durch den Verteidigungsminister dementiert. Im Januar 1992 nahmen Israel und die Volksrepublik China diplomatische Beziehungen auf, was auch zu verstärkten wirtschaftlichen Beziehungen führte. China war besonders an modernen Flugzeugausrüstungen interessiert, wie Radar- und Navigationssystemen, aber auch an Bewaffnungen, wie Luft-Boden- und Luft-Luftraketen, lasergesteuerten Bomben und Ähnlichen. Obwohl ein Embargo der USA für militärische Güter gegenüber der Volksrepublik China bestand, wurde dieses von Israel nicht beachtet und es kam zu einer Zusammenarbeit. Aber auch an der Lavi hatten die Chinesen sehr großes Interesse, da dieses Flugzeug genau den Vorstellungen des Entwicklungsteams von Song We Cong von dem zu entwickelnden Flugzeug entsprach.
Die Jiam-10 lehnte sich stark an der Lavi an
Der Entwurf der Jian-10, so sollte das neue Flugzeug heißen, lehnte sich stark an die Lavi an. 2008 berichtete Jane's über verschiedene Interviews, die man mit russischen Ingenieuren, die in Chengdu tätig waren, geführt hatte. Diese berichteten, dass Entwurf, Leistungsberechnung, vorhandene Windkanaluntersuchungen und aerodynamisches Design von der Lavi stammten. Weiter berichtete Jane's, ebenfalls aus russischen Quellen, dass oberste Führungsmitglieder von Chengdu Aircraft Corporation angeblich behaupteten, einen der drei Lavi Prototypen in ihren Werk zu haben. Das kann aber auch eine bewusste russische Fehlinformation an Jane's gewesen sein. Aber sollte es wirklich eine enge Zusammenarbeit zwischen Israel Aircraft Industries Ltd. und Chengdu Aircraft Corporation bei der Entwicklung der Jian-10 gegeben haben, wird man diese sicher streng geheim halten und nicht unbedingt über Jane's publizieren.
Konstruktionsmerkmale der Chengdu J-10 Vigorous Dragon
Die J-10 ist ein einstrahliger Deltaflügler in Ganzmetallbauweise mit hoch angesetzten Canards hinter der Kabine, dem Lufteinlauf unter dem Rumpfbug, normalem Seitenleitwerk und einziehbaren Bugradfahrwerk, wobei das Bugrad doppelt bereift ist. Um das Gewicht so gering wie nur möglich zu halten, kamen aber sehr viele Teile aus Verbundwerkstoffen zur Verwendung. Lediglich die Tragflächen sind Ganzmetallkonstruktionen. Für die Luftbetankung befindet sich backbord im direkten Sichtfeld des Piloten der feste Betankungsrüssel, der mittlerweile anscheinend ausfahrbar gestaltet wurde. Ziel war es mit der Leermasse unter 10 Tonnen zu bleiben, zum Vergleich Leermasse Lavi: 7, 031 Tonnen und Leermasse F-16 C: 8,573 Tonnen. Die Maschine war je nach Verwendung ein- oder zweisitzig ausgelegt. Als Antrieb dient eine russische Strahlturbine NPO Saturn Al-31-FN mit Nachbrenner und einem Standschub ohne Nachbrenner von 7.600 kp, um dessen Lizenzfertigung sich China bemühte. Russlands Interesse am Verkauf einer Fertigungslizenz neuester russischer Triebwerkstechnik war aber gering, so dass es vorerst zu keiner Lizenzfertigung des Al-31-FN kam und die benötigten Triebwerke in Russland gekauft werden mussten. Mittelfristig sollte deshalb das AL-31 FN dann durch das chinesische Triebwerk Shenyang WS-10A Taihang mit einem Standschub von 8.050 kp ersetzt werden, das sich zu dieser Zeit noch in der Erprobung befand. 1994 begann nach der Freigabe des Entwurfs und der Erteilung eines Bauauftrags über vier Prototypen die Konstruktion der Maschine. Hier wurde erstmals in der chinesischen Luftfahrtindustrie ein Flugzeug zum größten Teil am Computer mittels CAD und finite Elemente entwickelt. Die Erprobung des komplexen Hydrauliksystems fand an verschiedenen Modellen statt, da die Rechnerkapazitäten für eine solche Aufgabe nicht ausreichten.
Boden- und Flugerprobung der Chengdu J-10 Vigorous Dragon
Anfang 1996 war der erste Prototyp fertig gestellt und wurde zur Bodenerprobung frei gegeben. Im Sommer 1996 begannen die Testflüge in Chengdu, das Datum des Erstfluges ist unbekannt. Bereits nach wenigen Testflügen stürzte aber der Prototyp ab und wurde dabei zerstört, der Pilot rettete sich mit dem Schleudersitz. Das war natürlich ein schwerer Rückschlag für die Entwicklung der J-10. Als Ergebnis der Analysen des Absturzes wurde die Konstruktion teilweise überarbeitet und geändert. Der neue Prototyp wurde Dezember 1997 fertig und für die Bodenerprobung frei gegeben. Am 23. März 1998 startete der erfahrene Testpilot Lei Qiang zum erfolgreichen Erstflug. Es wurden weitere zwei Prototypen zeitnah fertiggestellt, damit das Programm zügig absolviert werden konnte. Es gab Gerüchte über mehrere schwere Komplikationen, die angeblich auf Triebwerksprobleme mit den verwendeten Al-31 FN zurückzuführen seien. Noch während des Erprobungsprogramms wurden von den Luftstreitkräften die ersten Flugsimulatoren für die Pilotenausbildung auf der J-10 bestellt und seit 2003 schrittweise in Betrieb genommen.
Einführung der Chengdu J-10 Vigorous Dragon
Ab 2006 wurden die ersten J-10 den Einheiten zugeführt, dies bestätigte die chinesische Regierung 2007, gleichzeitig wurden die ersten offiziellen Fotos der J-10A bei den Luftstreitkräften veröffentlicht. Die ersten Informationen über das neue in Chengdu entstehende chinesische Jagdflugzeug waren allerdings schon anonym 1994 im Internet erschienen. Die J-10 verfügt über vierfach redundantes Fly-by-wire System und HOTAS (Hands on Throttle and Stick). Die Radarausrüstung kommt aus Israel, EL/M-2035 (Doppler Radar), und wird in der Volksrepublik China in Lizenz gefertigt, anderen Quellen zufolge kommt ein rein chinesisches System JL-10A zum Einsatz, das auf dem russischen System RP-35 basiert. Ebenfalls aus Israel kommt das Interne Navigationssystem Taman, das ebenfalls in Lizenz gefertigt wird.
Varianten der J-10
J-10A: einsitziges Jagdflugzeug, Exportbezeichnung F-10A oder FC-20
J-10AH:Marineversion der J-10A
J-10S: zweisitzige Ausführung als Trainingsflugzeug der J-10A
J-10SH: Marineversion der J-10S
J-10B: überarbeitete und modernisierte Ausführung der J-10, inoffiziell auch als „Super 10“ bezeichnet, leichter durch die gesteigerte Verwendung von Teilen aus Verbundwerkstoffen geänderter Lufteinlauf als DSI (Divertless Supersonic Inlet), längere Nase für neues Radarsystem, neues Triebwerk AL-31 FN M1 Erstflug Herbst 2008.
J-10 B TVC: Demonstrationsmodell, Prototyp mit Schubvektorsteuerung und neuem chinesischen Triebwerk Shenyang WS-10A „Taihang“.
J-10C: modernisierte J-10B, Triebwerk Shenyang WS-10A „Taihang“ mit erhöhter Leistung, Bewaffnung mit PL-15 (Luft-Luft-Raketen),lasergesteuerte Luft-Boden-Raketen und Bomben, AESA Fire Control Radar, IIR Infrarotzielsucher.
J-10E: Exportversion der J-10C
J-10D: Spezialausführung zur elektronischen Kampfführung besonders für Stör- und Täuschungsmissionen, Neutralisation gegnerischer Funksignale
Gefertigte Maschinen für die Luftstreitkräfte bis Sommer 2022:
220 J-10A
55 J-10B
220 J-10C
70 J-10 S
Gefertigte Maschinen für die Marine bis Sommer 2022:
16 J-10AH
7 J-10SH
Export bis Sommer 2022:
36 J-10 CE für Pakistan Air Force bei der 15. Squadron auf der Air Force Base Minhas eingesetzt
Am 4. März 2022 wurden die ersten sechs Maschinen geliefert.
120 Maschinen J-10 CE als Option
Preis pro Maschine abhängig von der Ausrüstung zwischen 35 Millionen US-Dollar bis 60 Millionen US-Dollar
Zum Vergleich: Dassault Rafale 136 Millionen US-Dollar, EF-2000 Eurofighter 175 Millionen US-Dollar, MiG-35 55 Millionen US-Dollar
Technische Daten Chengdu J-10 A:
Verwendung: Mehrzweck-Kampfflugzeug
Baujahr: 2001
Besatzung: 1-2 Mann, je nach Verwendung
Triebwerk: ein Mantelstromtriebwerk Salut AL-34FN
Standschub: 7.600 kp (74,6 kN)
Maximaler Schub mit Nachbrenner: 12.500 kp (122,7 kN)
Erstflug: 1996 (Datum nicht bekannt)
Abmessungen (verschiedenen Quellen entnommen, offizielle Angaben liegen nicht vor):
Spannweite: 9,80 m
Länge: 16,90 m
größte Höhe: 5,70 m
Spannweite Canard: 4,50 m
Wurzeltiefe Canard: 3,50 m
Pfeilwinkel Canard: 58°
V-Form Canard: + 6°
Wurzeltiefe Delta-Tragflügel: 6,50 m
Rumpfhöhe: 1,88 m
Rumpfbreite: 1,60 m
Spurbreite: 3,00 m
Radstand: 4,70 m
Flügelfläche: 37 m²
Flügelstreckung: 2,60
V-Form : -1,5 °
Massen:
Leermasse: 9.750 kg
Startmasse ohne Zuladung: 14.000 kg
Zuladung: normal 3.000 kg
maximal 7.000 kg
Startmasse normal: 17.000 kg
Startmasse maximal. 19 300 kg
Kraftstoff: 4.950 Liter im Integraltanks Tragfläche
Kraftstoff in drei Zusatzbehältern: 2 x 1.600 Liter unter den Tragflächen, 1 x 800 Liter
unter dem Rumpf
Flächenbelastung: 522 kg/m²
Leistungsbelastung: 1,54 kg/kp Schub
Leistungen:
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 1,2 Mach
Höchstgeschwindigkeit in 10.000 m: 1,8 Mach
Minimalgeschwindigkeit: 200 km/h
Startgeschwindigkeit. 260 km/h
Landegeschwindigkeit: 220 km/h
Gipfelhöhe: 18.000 m
Steigleistung: 300 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 5 sec
Steigzeit auf 10.000 m: 1,5 min
Reichweite normal: 1.250 km
Reichweite maximal: 1.850 km
Überführungsreichweite: 4.600 km
Flugdauer maximal: 1,75 h
Bewaffnung; 1 x 23 mm doppelläufige Maschinenkanone Gsch-23 mit 200 Schuß
6 x Luft-Luft-Rakete PL-8 (Infrarotsuchkopf) oder 6 x PL 9 (Infrarotzielkopf) oder 6 x PL-11 halbaktiver Radarsuchkopf oder 4 x PL-12 aktiver Radarsuchkopf oder 2 x PJ-9 Antiradar Luft-Boden-Lenkwaffe oder 2 x YJ-91 radargelenkte Schiffszielkörper
Bombenlast maximal: insgesamt 5.420 kg (verschiedene Kaliber)