Schlaflose Nacht
Heute lesen Sie, wie wir uns während dem JAA Test geschlagen haben.
Nach nur vier Tagen müssen wir die Prüfung bestehen
Vor der Prüfung hatte ich vor Nervosität eine fast schlaflose oder vielleicht auch sehr lehrreiche Nacht, kommt ganz darauf an, von welcher Seite man es betrachtet. Im Schlaf verknüpften sich wohl noch ein paar Millionen schon längst Tot geglaubte Synapsen in Cessna Wissen. Der ganze Stoff musste in einem letzten anstrengenden Akt zu abrufbarem Wissen verknüpft werden oder in Relationen zum bekannten Stoff gebracht werden. Am Morgen schrillt mich der Telefonwecker aus dem langersehnten Tiefschlaf, noch die letzten Memory Items kurz angeschaut unter die Dusche und ab zur Henkersmahlzeit. Wie immer britisch mit Eier, Pilzen und Speck einfach richtig deftig, als ob es das letzte Mal wäre. Nach dem vortrefflichen Mahl schlendere ich noch einmal gemütlich aufs Zimmer, packe meine Bücher in den Pilotenkoffer und bummle zur Hotellobby, wo ich Maria treffe. Maria sieht etwa gleich müde aus wie ich, auch sie musste sich durch die Nacht plagen! Wie immer fahren wir um 07.40 ab, damit wir pünktlich zum Vorprüfungskaffee bei FlightSafety eintreffen. Diesen Kaffee geniessen wir, wer weiss vielleicht ist es der letzte in Farnborough. Um acht Uhr finden wir uns im Schulzimmer ein, wie immer ist Bryan schon hier und wartet auf seine zwei Flugschüler. Bryan führt mit uns den Refresher von gestern noch zu Ende und beantwortet die letzten paar hundert Fragen, die uns noch unter den Nägeln brennen. Alles klar? Jetzt geht es mit dem Systemtest los, Spicken verboten, das ist doch Ehrensache.
Mann, wie war das schon nur mit dem Treibstoffsystem, schön wäre, wenn man das Schema vor sich hätte, dann wären alle Fragen viel einfacher zu lösen. Nun bin ich bereits bei der letzten von etwa 70 Fragen angelangt, dort wo ich ein Fragezeichen gemacht habe kontrolliere ich die Antwort noch einmal, denn hier war ich mir nicht ganz sicher. Nach einer Stunde geben wir das Antwortblatt an Bryan ab und beten.
Korrigiert sind die Prüfungen rasch, Bryan verzieht dabei keine Miene, verrät also nichts über seinen Gemütszustand. Endlich ein fährt ein Lächeln über sein Gesicht und sichtlich erleichtert gibt er uns den Test zurück, damit wir die drei Fehler, die wir gemacht haben kurz besprechen können. Sichtlich erleichtert gönnen wir uns eine kurze Pause.
Nach der wohlverdienten Pause geht es mit den nächsten Tests weiter, hier stehen bei den meisten Kapiteln nur etwa 8 bis 10 Fragen an, Bryan weist darauf hin, dass wir hier meistens nur zwei Fehler zur Verfügung haben und falls wir drei falsch haben, müssten wir wiederholen. Mit leicht erhöhtem Stresslevel machen wir uns an die Arbeit, nach einer Stunde sind wir auch hier durch. Brian korrigiert sie und muss zum guten Glück keine grossen Nachkorrekturen anbringen, auch diese zweite Hürde ist geschafft. Beruhigt gehen wir in die Lunchpause. Am Nachmittag wird der leichtere Teil folgen, Open Book Test Performance und Weight and Balance.
Um 14.00 sitzen wir wieder Prüfungsbereit im Klassenzimmer und machen uns an den Ladeplan. Brian gönnt sich eine Pause und lässt uns alleine Arbeiten, so scheint es uns vernünftig zu sein die Gewichte auf dem Loadsheet zu vergleichen. Auf Marias Ladeplan steht ein verdammt krummer Wert, so gehen wir noch einmal mit dem Taschenrechner über die ganze Kalkulation, dabei finden wir nicht endgültig heraus, wo der Rechnungsfehler gelegen ist, wohl in der Aufregung, jetzt sieht der Wert bei Maria jedenfalls wieder gerader aus.
Das Loadsheet ist fertig und jetzt kommt noch der Wechsel in letzter Minute, den müssen wir ganz genau so machen, wie es uns die Formel vorschreibt.
Die Werte aus dem Ladeplan müssen wir auch bei den übrigen Performance Berechnungen zur Hand nehmen. Hier müssen wir die Startbahnlängen in allen Variationen berechnen und eine Streckenrechnung mit Treibstoffplanung liegt auch noch an, selbst ein paar Runden in der Warteschleife auf 5000 Fuss müssen korrekt aus den Tabellen gelesen werden. Nach etwa zwei Stunden wäre auch dieser letzte Prüfungsteil geschafft und zur Freude von Brian zu 100 Prozent bestanden.
Da sich bereits der Chef von Maria bei ihr meldete, wie das Prüfungsresultat ausgefallen sei, werde ich ihnen unsere durchschnittlichen Resultate auch bekannt geben, Maria brachte es auf stolze 97 Prozent und ich immerhin auf 95 Prozent. Die Messlatte liegt bei 75 Prozent.
Der Chef von Maria wird uns übrigens die Prüfungsflüge im Simulator abnehmen, deshalb interessierte ihn ja auch das Resultat. Maria schlottert bereits jetzt vor dem Simulatorcheck so bleibt uns der nötige Stresslevel für die nächsten zwei Wochen erhalten!
Nach dem Test zeigt uns Brian noch die Simulatorräumlichkeiten und unseren neuen Arbeitsplatz, den Simulator. Morgen Samstag dürfen wir die erste unverbindliche Runde drehen gehen.
Robert Kühni
Nächste Folge, jetzt get es im Simulator los.