Bellanca 28-92

30.06.2015 EK
Bellanca 28-92 (Archiv: Eberhard Kranz)
Bellanca 28-92 (Archiv: Eberhard Kranz)

Bei der Bellanca 28-92 handelte es sich um ein Rennflugzeug, das große Rekorde hätte einfliegen sollen. Die ganz großen Rekorde vielen aus, aber einige bemerkenswerte Flüge konnten mit der Maschine absolviert werden.

Bellanca 28-92

Giuseppe Bellanca gründete 1927 die Bellanca Aircraft Corporation, nachdem er bereits vorher versucht hatte, mit anderen kleinen Firmen erfolgreiche Flugzeuge zu bauen. Die neue Firma, an der sich DuPont finanziell beteiligt hatte, verlegte ihren Firmensitz nach New Castle im Bundesstaat Delaware. Das bekannteste Bellanca Flugzeug dieser Zeit war die WB-2 (Wright-Bellanca) mit der am  25. April 1927 Clarence Chamberlin und Bert Acosta den Weltrekord für Langzeitfliegen ohne Nachzutanken mit einer Flugzeit von 51 Stunden 11 Minuten und 25 Sekunden aufstellten, was einer Flugstrecke von etwa 4.100 Meilen (  6.597 km) entsprach. Aufgrund dieser Leistung wollte Charles Lindbergh eigentlich mit der Bellanca zum Flug über den Atlantik nach Paris starten, was aber dann an kommerziellen Problemen scheiterte. 1937 erhielt Bellanca einen Auftrag aus Rumänien. Kapitän Alexandru Papana, Pilot der rumänischen Luftwaffe plante einen Langstreckenflug von New York nach Bukarest. Zur Beschaffung der notwendigen Geldmittel fand in Rumänien eine großangelegter Sammelaktion statt, der rumänische König Carol II. und seine Regierung  unterstützten aus propagandistischen Gründen das Vorhaben. Wegen der Leistungen der WB-2 sollte Bellanca das Rekordflugzeug bauen, das die rumänische Kennung YR-AHA und den Eigennamen „Alba Iulia 1918“ zur Erinnerung an das Votum am 1. Dezember 1918, durch welches Siebenbürgen von Ungarn zu Rumänien kam, erhalten sollte. Bei Bellanca nahm man die Herausforderung an, ein Flugzeug zu entwerfen und zu bauen, das sehr leicht, aber trotzdem sicher und mindestens eine Reichweite von 6.000 km haben mußte.


Bellanca 28-92 (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale der Bellanca 28-92

Der Entwurf sah schließlich ein dreimotoriges, aerodynamisch sehr gut durchgebildetes Flugzeug vor, das die Bellanca Bezeichnung 28-92 erhielt, wobei 28 für die Gesamtflügelfläche von 280 square feet und 92 für die Gesamtmotorleistung von 920 PS stand. Die Maschine sollte ein einsitziger, dreimotoriger Tiefdecker mit geschlossener Kabine, Normalleitwerk und einziehbarem Heckradfahrwerk in der für alle Bellanca Flugzeuge typischen Gemischtbauweise werden. Als Triebwerk wählte man für den Bugmotor einen luftgekühlten, hängenden 12 Zylinder V Motor Ranger SGV-770 mit einstufigen Lader, Kraftstoffeinspritzung und Untersetzungsgetriebe aus. Die Startleistung betrug  420 PS (309 kW), der Hubraum lag bei 12,7 Liter. Die beiden Tragflächenmotoren sollten luftgekühlte, hängende Sechszylinder Reihenmotoren Menasco C6S4 Super Buccaneer mit je 250 PS (184 kW) und einem Hubraum von 8,9 Litern sein. Der Rumpf mit ovalem Querschnitt bestand aus einem geschweißten Gerüst aus Spanten und Längsträgern aus hochfestem Chrom-Nickel-Stahl. Der Bereich bis zur Kabine war mit schmalen Leichtmetallplatten verkleidet, der anschließende hintere Teil des Rumpfes war mit imprägnierter Leinwand bespannt. Die geschlossene Kabine war weit nach hinten versetzt, was zu erheblichen Sichtproblemen nach vorn und unten, besonders bei Start und Landung führte. Das Kabinendach aus Plexiglas konnte zum Ein- und Aussteigen des Piloten nach hinten geschoben werden. Zwischen Motor und Pilotenkabine befand sich hinter dem Motorschott ein großer Kraftstofftank mit einem Volumen von 1.703 Litern. Der zweiholmige Tragflügel mit trapezförmigem Grundriss bestand aus Leichtmetallholmen und Rippen und war komplett mit Sperrholz verkleidet. Die Zwischenräume zwischen den Sperrholzformplatten waren verspachtelt und verschliffen. Im Bereich zwischen Rumpf und den Motorgondeln war auf jeder Seite ein weiterer Kraftstofftank mit einem Volumen von 501 Litern eingebaut, so dass die gesamte Tankkapazität des Flugzeuges 2.705 Liter betrug. Die Querruder aus Leichtmetall und Sperrholzverkleidung waren als Kombinationsruder ausgelegt, die gleichzeitig die Funktion der Landeklappen mit übernehmen sollten. Die Trimmklappen wurden mit Seilzug von Pilotensitz aus betätigt. Die beiden Tragflächenmotoren waren in einer aerodynamisch sauber ausgelegten Motorgondel untergebracht und befanden sich vor der Tragflächenvorderkante. In dem hinteren Teil  der Motorgondel  war so Platz für das hydraulisch einziehbare Hauptfahrwerk. Das großflächige Seitenleitwerk  war ein mit Sperrholz verkleidetes Metallgerüst, das Seitenruder  war stoffbespannt, lediglich die Trimmklappe hatte eine Sperrholzverkleidung. Die freitragenden dreieckigen Höhenflossen waren durchgehend und lagen auf dem Rumpf auf. Sie bestanden ebenfalls aus einem  mit Sperrholz verkleideten Metallgerüst. Die Trimmklappen waren auch hier mit Sperrholz verkleidet und wurden mittels Seilzügen betätigt. Zur Stabilisierung wurde später auf jeder Seite je ein Spanndraht nach oben zur Seitenleitwerksflosse und nach unten zum Rumpf angebracht. Das einziehbare Hauptfahrwerk verfügte über hydraulische Bremsen und Stoßdämpfer. Das nachlaufende ungebremste Heckrad war nicht einziehbar, war aber teilweise in einer verkleideten Aufhängung untergebracht.


Bellanca 28-92 (Archiv: Eberhard Kranz)

Flugerprobung der Bellanca 28-92

Im Sommer 1937 war das Flugzeug fertig gestellt und sollte von Kapitän Alexandru Papana zum Erstflug gestartet werden. Dieser hatte sich mit Bellanca wegen angeblicher nicht vertragsgerechter Ausführungen und Problemen mit dem Bugmotor überworfen und verweigerte den Erstflug. Erst im November 1937 startete er dann doch zum Erstflug, war aber mit den Leistungen des Flugzeugs nicht zufrieden. Später verschwand er ganz von der Bildfläche, die rumänische Regierung wollte das Flugzeug auch nicht und zahlte auch den noch ausstehenden Teil des Preises nicht.  So verblieb die Maschine bei Bellanca.


Bellanca 28-92 (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Bellanca 28-92 diente als Rennflugzeug

1938 ließ dann Bellanca die 28-92 in den USA mit der Kennung NX2433 immatrikulieren und beschloss mit der Maschine am Rennen um die Bendix-Trophy, einem Mehretappen-Langstreckenflug von Los Angeles nach New York teilzunehmen. Als Pilot bestimmte man Frank Cordova, der bereits mehrere Rennen gewonnen hatte. Er machte sich mit der Maschine vertraut und war von ihrer Leistung sehr angetan. Die 28-92 erhielt die Startnummer 99. Während des Fluges fiel der Bugmotor aus und Frank Cordova flog mit den beiden Seitenmotoren noch 1.600 km weiter, ehe er in Bloomington (Illinois) dann doch den Flug beenden mußte. Da aber keiner der Wettbewerber das Ziel erreicht hatte, konnte  die Maschine noch 1938 am Rennen um die Thompson Trophy teilnehmen. Diesmal flog Arthur C. Bussy die Maschine, die nun die Startnummer 39 trug. Auf der Teilstrecke von Los Angeles nach Cleveland belegte er mit einer Durchschnittgeschwindigkeit von 393, 462 km/h den zweiten Platz und über die  gesamte Strecke bis New York mit  373,290 km/h ebenfalls den zweiten Platz. Beim Rennen um die Thompson Trophy 1939 flog Arthur Bussy die Strecke von 3.287,6 km in 8 Stunden 33 Minuten und 42,1 Sekunden, was mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 373,299 km/h wieder den zweiten Platz bedeutete. Nach dem Beginn des zweiten Weltkriegs fanden keine Luftrennen mehr in den USA statt. Bellanca verkaufte die Maschine schließlich 1941 an die Ecuadorianische Luftwaffe, die das Flugzeug bis 1945 einsetzte, bevor es mangels Ersatzteilen auf einem kleinen Flugplatz im tropischen Regenwald abgestellt wurde und dort verrottete.


Bellanca 28-92 (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Bellanca 28-92

Land: USA
Verwendung: Rekordflugzeug
Baujahr: 1937
Besatzung: 1 Mann

Triebwerke:  ein luftgekühlter hängender 12 Zylinder V Motor Ranger SGV-770 im Rumpfbug mit einem verstellbaren Zweiblatt-Holz-Propeller Fairchild

Startleistung:  420 PS  (309 kW), Dauerleistung:  375 PS (276 kW) in 3.600 m    zwei luftgekühlte hängende Sechszylinder Reihenmotoren  Menasco C6S4 mit  verstellbarem Zweiblatt-Holz-Propeller Fairchild, Startleistung. je 250 PS (184 kW, Dauerleistung: je 218 (160 kW) in 3.500 m

Erstflug: November 1937

Abmessungen:

Spannweite: 14,12 m

Länge: 8,43 m

größte Höhe: 2,45 m

Propellerdurchmesser Bugmotor: 2,51 m

Propellerfläche Bugmotor:  4,95 m²

Propellerdurchmesser Seitenmotoren: je 1,98 m²

Propellerfläche Seitenmotoren: je 3,08 m²

Spannweite Höhenleitwerk: 4,16 m

größte Flügeltiefe: 2,86 m

größte Rumpfbreite: 0,94 m

größte Rumpfhöhe: 1,14 m

Spurweite: 4,98 m

Radstand:  5,38 m

Flügelfläche: 26,00 m²

V-Form:  +4,5°

Streckung: 7,67

Massen:

Leermasse: 2.132 kg

Startmasse normal: 4.496 kg

Startmasse maximal: 4.620 kg

Tankinhalt: 2.705 Liter

Schmierstoff: 93,2 Liter

Flächenbelastung: 177,69 kg/m²

Leistungsbelastung: 5,02 kg/PS  (6,83 kg/kW)

Leistungen:

Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 442 km/h

Höchstgeschwindigkeit in 3.500 m: 459 km/h

Reisegeschwindigkeit in  3.500 m:  386 km/h

Gipfelhöhe: 6.200 m

Steigleistung: 10,3 m/s

Steigzeit auf 1.000 m: 1,75 min

Steigzeit auf 3.000 m:  6,5 min

Reichweite normal: 4.822 km bei 402 km/h

Reichweite maximal:  6.693 km bei 322 km/h

Flugdauer:  22 h

Startgeschwindigkeit: 121 km/h

Startstrecke vollbeladen: 1260 m

Landestrecke: 460 m

 

Text: Eberhard Kranz

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