American Gyro AG-4 Crusader

01.11.2014 EK
American Gyro AG-4 Crusader

American Gyro AG-4 Crusader, Land: USA Die American Gyro AG-4 Crusader war ein schnelles Reiseflugzeug, das der Zeit weit voraus war. Die Maschine ging trotz der guten Leistungen nie in die Serienproduktion. Spannweite: 10,97 m, Länge: 6,58 m, Geschwindigkeit: 375 km/h.

Die American Gyro Company in Denver stellte verschiedene Teile für General Motors, unter anderem auch Zündkerzen, her. Der General Manager der Firma Edgar R. Holmes verfolgte aber langfristig das Ziel der Entwicklung und des Baus eines kleinen, schnellen, viersitzigen Reise- und Sportflugzeuges. So engagierte er 1934 den begabten Luftfahrtingenieur Thomas Miles Shelton, der das geplante Flugzeug entwickeln sollte. Shelton entwarf ein für die damalige Zeit völlig neues revolutionäres Flugzeugkonzept. Die freitragende zweimotorige Maschine in Ganzmetallbauweise hatte einen tropfenförmigen Rumpf höchster aerodynamischer Güte, zwei schmale Leitwerksträger, in deren vorderen Teil die Motoren eingebaut waren, trugen je ein Seitenleitwerk. Die ebenfalls freitragende Höhenflosse verband die beiden Leitwerksträger und so entstand ein stabiler Rahmen. Um sein neuartiges Konzept zu überprüfen, baute Shelton mehrere Modelle, die er im Windkanal untersuchte, um die aerodynamisch günstigste Form zu ermitteln. Ende 1934 begann er mit der Konstruktion des auch als ?Shelton Flying Wing? bezeichneten Flugzeuges, obwohl es kein Nurflügler war. Die offizielle Bezeichnung war AG-4 Crusader.

American Gyro AG-4 Crusader (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale American Gyro AG-4 Crusader

Der Rumpf war in Halbschalenbauweise mit Spanten und Stringern ausgeführt, die Leichtmetallbleche der Verkleidung aus der Aluminium-Speziallegierung 17 ST waren senkgenietet und hatten eine selbsttragende Funktion. Die tropfenförmige Rumpfgondel mit einem halbrunden, nach oben gestreckten Querschnitt, bot dem Piloten und drei Fluggästen bequem Platz. Durch die großzügige Verglasung war beste Sicht nach vorn und unten für den Piloten gegeben. Die Passagiere jedoch schauten auf die Tragflächen und auch die Leitwerksträger nahmen ihnen die Sicht. Die Kabine war schallisoliert und luxuriös eingerichtet. Die Ledersessel hatten eine maigrüne Farbe und die Kabine war mit lichtgrauen und grünen Stoff aufwendig bespannt. Jeder Sessel konnte individuell verstellt werden und verfügte über eine Leselampe und einen klappbaren Tisch, sowie wahlweise Frischluft- oder Warmluftzufuhr. Die gebogenen Frontscheiben bereiteten in der Herstellung große Probleme, so dass man am Ende Plexiglasscheiben einbaute, die jedoch durch ihre Krümmung optische Verzerrungen erzeugten. Im hinteren Bereich der Rumpfgondel befand sich ein Fracht- und Gepäckraum, der von der rechten Seite über eine Luke beladen werden konnte. Die Passagiere und der Pilot bestiegen die Kabine durch zwei seitliche Türen, wie bei einem PKW. Die Tragfläche war dreiteilig aufgebaut. Ein durchgehendes zweiholmiges Tragflächenmittelstück verband die Rumpfgondel mit den Leitwerksträgern, in deren vorderen Bereich sich die beiden luftgekühlten hängenden Vierzylinder-Reihenmotore Menasco C4-S befanden. Diese Vergasermotoren mit einem Hubraum von je 5,9 Litern hatten eine Startleistung von je 150 PS (110 kW) und trieben je einen Zweiblatt-Holzpropeller direkt an. Auf jeder Seite, nahe am Rumpf, war im Tragflächenmittelstück je ein Kraftstofftank mit einer Kapazität von 94,5 Litern (25 Gallonen) eingebaut. An das Tragflächenmittelstück schloss sich auf jeder Seite ein trapezförmiger Außenflügel an, der ebenfalls als Ganzmetallschalenbau ausgeführt war. Die großzügigen Querruder waren auch mit Leichtmetall verkleidet. An den hinteren Tragflächenkanten befanden sich bis an den Übergang zur Rumpfgondel große Landeklappen die ebenfalls aus Leichtmetall gefertigt waren. Die Übergänge von der Rumpfgondel zum Tragflächenmittelstück und zu den Leitwerksträgern waren aerodynamisch günstig geformt und sehr sorgfältig ausgeführt. Ebenso die Übergänge von den Leitwerksträgern zu den Außenflügeln. Die Leitwerksträger, ebenfalls in Ganzmetall-Schalenbauweise ausgeführt, hatten einen rechteckigen Querschnitt, wobei die Ecken abgerundet waren. Die beiden Seitenleitwerks-Endscheiben hatten die Form von Bogendreiecken und waren nach vorn geneigt und gingen unter dem Leitwerksträger weiter. Die Höhenleitwerksflosse war rechteckig und an den Enden zu den Seitenleitwerksflächen hin dreieckig ausgespart. Das Heckradfahrwerk war starr, aber die Hauptfahrwerksbeine waren mit aerodynamisch geformten ?Hosenbeinen? verkleidet. Die Räder des Hauptfahrwerks wurden pneumatisch gebremst. Die Druckluft erzeugte ein vom linken Motor über einen Zapfwelle angetriebener Kompressor. Das Heckrad konnte nicht gebremst werden, es war aber mittels eines Seilzuges um 40 Grad lenkbar.

American Gyro AG-4 Crusader (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Flugerprobung der American Gyro AG-4 Crusader

Im Dezember 1934 war der Prototyp fertig gestellt und stand Anfang 1935 für die Flugerprobung bereit. Die Seriennummer war 101 und als zivile Kennung wurde X 14492 festgelegt. Im April 1935 fand der Erstflug der AG-4 durch Ray Wilson statt. Das Flugzeug war kupferfarben bemalt und auf dem rechten Außenflügel oben und auf dem linken Außenflügel unten in großen weißen Buchstaben die Kennung X 14429, obwohl die eigentliche Kennung X 1114492 sein sollte. Es handelte sich wahrscheinlich um einen Schreibfehler. Das Flugzeug erregte durch sein außergewöhnliches Design und seine Flugleistungen großes Interesse. So wurde es bereits vor seinem Erstflug von Howard Hughes, William Randolph Hearst jr. und der bekannten amerikanischen Fliegerin Amelia Earhart besichtigt. Die AG-4 erreichte zum Beispiel eine Höchstgeschwindigkeit von 375 km/h, damit war sie deutlich schneller als alle im Einsatz befindlichen Jagdflugzeuge der US Army Air Force. Nach der Flugerprobung tauschte man im Herbst 1935 das feste Fahrwerk gegen ein pneumatisch einziehbares aus. Die Federbeine dieses Fahrwerks waren ölpneumatisch gedämpft. Die Räder fuhren hinter die Motoren in die Leitwerksträger ein. Die Fahrwerksschächte waren mit pneumatisch verschließbaren Klappen verkleidet.

American Gyro AG-4 Crusader (Archiv: Eberhard Kranz)

Die American Gyro AG-4 Crusader ging nicht in die Serienproduktion

Für den geplanten Serienbau gründete die American Gyro Company eine Tochtergesellschaft, die Crusader Aircraft Company in Glendale, für die auch Aktien ausgegeben wurden. Der Versuch über die Ausgabe dieser neuen Aktien frisches Kapital für die geplante Serienfertigung der AG-4 zu generieren, scheiterte. Die American Gyro Company versuchte 1936 die Fertigungsunterlagen der AG-4 an die Timm Aircraft Company, deren Besitzer Otto William Timm auf der Grundlage der AG-4 die größere AG-7 für sieben Personen entwickeln und in Serie bauen wollte. Zu einem Verkauf der Fertigungsunterlagen kam es aber nicht. Anfang 1938 musste die American Gyro Company Konkurs anmelden.

American Gyro AG-4 Crusader (Archiv: Eberhard Kranz)

Interessantes zur American Gyro AG-4 Crusader

Um die AG-4 Crusader ranken sich eine Reihe von Vermutungen und Gerüchten. So schreibt Thomas M. Shelton in seinen Erinnerungen, dass er die Aufbau der AG-4, also stromlinienförmige Rumpfgondel, die zweimotorige Ausführung, die Verwendung von Leitwerksträgern patentieren lassen wollte. Dieses Patent ist durch Einsprüche der Hughes Aircraft Company und der Lockheed Aircraft Corporation nie erteilt worden, auch sah die US Regierung nationale Interessen, die gegen die Patentierung sprachen und verhinderte ebenfalls eine Patenterteilung. Die AG-4 wurde eine zeitlang auf dem Burbank Air Terminal abgestellt und Shelton erinnert sich, dass sein Flugzeug von Männern in Lockheed Kleidung vermessen wurde. Erstaunlicherweise brachten die beiden Flugzeugfirmen, die gegen das eingereichte Patent Sheltons Widerspruch eingelegt hatten, wenige Jahre später Flugzeuge heraus, die ihre enge Verwandtschaft zur AG-4 nicht verleugnen können: 1939 stellte Lockheed die P-38 Lightning vor, die später in großen Stückzahlen gebaut wurde und 1943 begann man bei Hughes die XF-11, einen schnellen Aufklärer zu entwickeln, der aber zu spät für den Kriegseinsatz fertig wurde und deshalb nur zwei Prototypen gebaut wurden, obwohl 98 Exemplare ursprünglich bestellt worden waren. 1941 stand die AG-4 Crusader zerlegt im Hangar von Van Nuys Airfield in Kalifornien, wo sie später bei einem Hangarbrand völlig vernichtet wurde. Thomas M. Shelton arbeitete da schon bei der Aero Crafts Corporation als Konstruktionsleiter. Nach dem Krieg betrieb er in Glendale ein Ingenieurbüro für Luftfahrtanwendungen und war für viele amerikanische Luftfahrtfirmen beratend tätig, so war er an der Entwicklung der Lockheed SR 71 beteiligt.

American Gyro AG-4 Crusader (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: American Gyro AG-4 Crusader

Verwendung: Reiseflugzeug und Lufttaxi
Triebwerk: zwei luftgekühlte hängende Vierzylinder Reihenmotoren Menasco C4-S Pirate mit festen Zweiblatt-Holzpropellern
Startleistung: je 150 PS (110,3 kW) bei 2.260 U/min
Dauerleistung: 115 PS (84,6 kW) in 2.300 m bei 1.840 U/m
Baujahr: 1935
Besatzung: 1 Mann
Passagiere: 3
Erstflug: April 1935

Spannweite: 10,97 m
Länge: 6,58 m
größte Höhe: 2,10 m
Spannweite Höhenleitwerk: 3,00 m
größte Flügeltiefe: 2,21 m
Propellerdurchmesser: 2,10 m
Propellerfläche: 3,46 m²
Rumpfhöhe: 1,32 m
Rumpfbreite: 1,26 m
Spurweite: 3,10 m
Radstand: 3,70 m
Flügelfläche: 19,14 m²
Pfeilung der Tragflächenvorderkante: 3,5°
V-Form: +6°40?
Streckung: 6,29
Massen: TBD
Leermasse: 907 kg
Nutzlast maximal: 454 kg
Startmasse normal: 1.186 kg
Startmasse maximal: 1.361 kg
Tankinhalt: 189 Liter
Schmierstofftank: 15,2 Liter
Flächenbelastung: 71,11 kg/m²
Leistungsbelastung: 4,54 kg/PS (6,17 kg/kW)
Leistungen: TBD
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 352 km/h
Höchstgeschwindigkeit in 2.280 m: 375 km/h
Reisegeschwindigkeit in 2.280 m: 320 km/h
wirtschaftlichste Geschwindigkeit: 285 km/h
Gipfelhöhe: 5.500 m
Steigleistung: 7.2 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 2,5 min
Steigzeit auf 3.000 m: 10,0 min
Steigzeit auf 5.000 m: 20,0 min
Reichweite normal: 895 km
Reichweite maximal: 965 km
Flugdauer: 3 h
Startstrecke: 210 m
Landestrecke: 240 m

Eberhard Kranz

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