Waco Model W Aristocraft

13.08.2017 EK
Waco Model W Aristocraft
Waco Model W Aristocraft (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Waco Model W Aristocraft war ein Reiseflugzeug aus den USA, das Flugzeug kam nie aus dem Prototypenstadium hinaus.

Geschichte Waco Model W Aristocraft

Die Waco Aircraft Company  in Troy, Ohio, war in den Jahren von 1920 bis 1940 bekannt für die Entwicklung und Fertigung von leistungsfähigen ein- und zweisitzigen Sport-Doppeldeckern, die sehr gutmütige Flugeigenschaften hatten und sehr langlebig durch ihre robuste Konstruktion waren. Außerdem waren sie auch preislich sehr attraktiv, das hieß, sie waren für Aeroclubs und Einzelpersonen durchaus erschwinglich. Von den verschiedenen Modellen wurden bis zum Ende des Flugzeugbaus bei Waco mehr als viertausend Exemplare gefertigt. Während des zweiten Weltkrieges entwickelte man bei Waco den Lastensegler Waco CG-4A Hadrian, von dem insgesamt 13.909 Exemplare gebaut wurden und neben dem Bomber B-24 und den Jägern P-47 und P-51 zu den in größter Stückzahl hergestellten Flugzeugen der Vereinigten Staaten zählte. Ab Anfang 1945, als das Kriegsende absehbar schien, begann man bei Waco mit der Entwicklung eines neuartigen Sport- und Reiseflugzeuges, das in großen Stückzahlen für den Nachkriegsmarkt gefertigt werden sollte, denn dort gab es einen gigantischen Bedarf an leistungsfähigen Sport-, Reise- und Freizeitflugzeugen. Das neue Flugzeug erhielt, an die letzte und gleichzeitig bei den Nutzern beliebteste Doppeldeckerkonstruktion von 1940, die Aristocat, anknüpfend, die Bezeichnung Aristocraft. Ende 1945 war das vollständige Mock-up fertiggestellt und wurde Anfang 1946 der Öffentlichkeit vorgestellt. Gleichzeitig begann man mit der Werbecampagne und die ersten Vorbestellungen wurden entgegen genommen. Eine Vorbestellung war mit einer obligatorischen Anzahlung von mindestens 100 Dollar verbunden. Das Flugzeug war eine sehr eigenwillige Konstruktion, die in dieser Form für Leichtflugzeuge noch nie verwirklicht worden war.

Waco Model W Aristocraft (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale der Waco Model W Aristocraft

Das Entwicklungsteam unter der Leitung von Francis Arcier entwarf einen abgestrebten Hochdecker mit einem automobilähnlichen Rumpf, der reichlich Platz für vier Personen und deren Gepäck bot. Der Rumpf war leicht trapezförmig mit abgerundeten Kanten, zum Bug hin wurde er oval. Vor der Kabine war im Rumpfbug als Antrieb ein luftgekühlter Sechszylinder-Boxermotor Franklin 6A8-215 B8 mit einer Startleistung von 215 PS (158 kW) bei 2.500 U/min. Zwischen Motor und Antriebswelle befand sich eine Scheibenkupplung von Firestone, wobei die Kupplungsscheibe aus Gummi mit zwei Stahlblechdeckplatten bestand. Im Rumpfbug war der Lufteintritt als ovale Öffnung, der wie bei einem Auto mit senkrecht angebrachten Zierleisten versehen war. Der Motor trieb über eine geteilte Antriebswelle, die im Rumpfboden verlief und sechsfach gelagert war, ein im hinteren Rumpf befindliches Untersetzungsgetriebe an, von dem der Antrieb des im Rumpfheck unter einem Winkel von +10 Grad angebrachten Zweiblatt-Druckpropellers erfolgte. Grund für diese eigenwillige Konstruktion soll gewesen sein, zu verhindern, dass die Kabine im Luftstrom eines im Rumpfbug befindlichen Propellers lag, was angeblich den Komfort in der Kabine schmälern würde, zum Beispiel könne man nicht die Fenster während des Fluges öffnen und auch die Vibrationen wären mit der neuen Anordnung wesentlich geringer. Allerdings war diese neue Konstruktion viel aufwendiger und störanfälliger und für ein Leichtflugzeug entscheidend, viel schwerer. Der Rumpf war eine Konstruktion aus Leichtmetallrohren, die teilweise mit Leichtmetallblechen auf der Unterseite verkleidet war. Das Rumpfheck war stoffbespannt und der Rumpfbug mit Lufteinlauf und Motorverkleidung und den großen Motorklappen waren aus Glasfiber. Die wie bei einem Auto nach hinten öffnenden Türen der Kabine waren aus Sperrholz und die Scheiben aus Plexiglas. Die gekrümmte Frontscheibe und die beiden großen Scheiben im Dach waren ebenfalls aus Plexiglas. Hinter der Kabine befand sich der Kraftstofftank aus elastischen Gewebe und einer Gummibeschichtung der 227 Liter Fassungsvermögen hatte. Das Fahrwerk war als Bugradfahrwerk ausgeführt und die beiden Haupträder waren in Wülsten zu beiden Seiten des Rumpfs auf Höhe der Einstiegstüren angebracht. Das Bugrad war lenkbar und fuhr nach hinten in den Rumpfbug ein. Im eingefahrenen Zustand ragten alle drei Räder zur Hälfte aus ihren Verkleidungen heraus, um bei Notlandungen den Rumpfboden vor zu starker Beschädigung zu schützen. Zum Schutz der Luftschraube war das Rumpfende flossenförmig nach unten gezogen und verfügte außerdem noch zusätzlich über einen Schleifkufe aus Stahl. Im ausgefahrenen Zustand konnten die Haupträder vom Motor über einen zuschaltbaren Antriebsstrang auf eine Rollgeschwindigkeit von 24 km/h beschleunigt werden und so konnte sich das Flugzeug am Boden mit eigener Kraft und stehender Luftschraube bewegen. Der zweiteilige Tragflügel war als zweiholmige Ganzmetallkonstruktion ausgeführt und mit Leichtmetallblech, das eine Wellblechstruktur andeutete, verkleidet. Die Tragflügel waren an einem kurzen Mittelstück, das mit dem Rumpf eine Einheit bildete, über dem Kabinendach angebracht. Die beiden Tragflächen waren zum Rumpf hin mit einer kräftigen I-Strebe abgestützt, die durch den Fahrwerkskasten zum Kiel des Rumpfes gingen und dort an einen Spant angeschlagen waren. Die Tragflächen konnten mit wenigen Handgriffen vom Rumpf gelöst werden, was den Transport des Flugzeuges sehr erleichterte. Eine weitere Besonderheit war die Verwendung von kombinierten Rudern, die als Querruder und als Landeklappen funktionierten. Allerdings traten bei der Flugerprobung mit diesen Klappen Probleme auf, bei der Verwendung als Querruder neigten sie Winkeln über 15 Grad zum Blockieren, deshalb baute man eine mechanische Begrenzung bei einem Ausschlag von 15 Grad an, um das Problem zu lösen. Das Seitenleitwerk, ursprünglich am Mock-up aus einer glockenförmigen Flosse und hoch auf dem Rumpfende aufgesetzten Höhenleitwerk, wurde beim Bau des Prototyps in ein durch das Rumpfheck unter dem Untersetzungsgetriebe der Luftschraube durchgehendes einholmiges Höhenleitwerk mit zwei elliptischen Endscheiben geändert, wie es bei der erfolgreichen Republic RC-3 Seabee verwendet wurde. Das gesamte Leitwerk war eine Leichtmetallkonstruktion, die einschließlich der Ruder mit Stoff bespannt war. Seiten- und Höhenruder konnten während des Fluges nach getrimmt werden, die entsprechenden Trimmklappen waren komplett aus Leichtmetall.

Waco Model W Aristocraft (Archiv: Eberhard Kranz)

Flugerprobung der Waco Model W Aristocraft

Nach einem Jahr Entwicklung war der Bau des Prototyps, der die Seriennummer 9850 und die zivile Kennung NX-34219 erhalten hatte, abgeschlossen und am 31. Dezember 1946 fand der Erstflug statt. Es kam zu verschiedenen notwendigen Umbauten, um die Maschine in ihren Flugparametern zu verbessern. Auch zeigte sich das Leitwerk zu weich, es kam zu Verformungen und Rissen in der Bespannung. Ein Hauptproblem stellte der Motor dar, der von Franklin im Zustand eines unerprobten Prototyps geliefert worden war. So konnte der 12 V Anlasser den 1.270 cm³ Startermotor nicht durchdrehen und die Abwesenheit des Schwungs der Luftschraube verschärfte die Startprobleme noch. Um dieses Problem zu lösen, baute man bei Waco einen Motorenprüfstand, wo man nach 130 Betriebsstunden bei wechselnden Beschleunigungen bei einer Hochdrehzahlphase, bei 2.500 U/min den Motor festfuhr, was zur Zerstörung der Ventile und der Zylinderköpfe führte, so dass man die Ventile uns Zylinderköpfe des Motors des zweiten Prototyps verwenden musste, da Franklin nur sehr zögernd Ersatzmotoren lieferte, weil die Hauptproduktion für die Republic RC-3, von der insgesamt über 1.050 Exemplare gefertigt wurden, vertraglich gebunden war. Für die zusätzliche Lieferung der Motoren an Waco verlangte Franklin von Waco einen deutlich höheren Preis, den man aber nicht gewillt war zu zahlen. Inzwischen hatte der erste Prototyp etwa 40 Flugstunden absolviert Es war dabei zu zwei Landeunfällen gekommen und der Antrieb funktionierte immer noch nicht sicher. Die Verwendung lebensdauergeschmierter Kugellager für die Antriebswelle war notwendig, die Kupplung bereitete ebenfalls noch Probleme und der gesamte Antriebsstrang geriet ab einer bestimmten Drehzahl in ziemlich starke Schwingungen, die in der Kabine deutlich zu spüren waren. Für den im Bau befindlichen zweiten Prototyp mit der Seriennummer 9851 wollte man den Motor vom Rumpfbug hinter die Kabine verlegen und das Fahrwerk erneut modifizieren. Inzwischen waren zwischen 300 bis 360 feste Bestellungen für den Typ W Aristocraft bei Waco mit einer Mindestanzahlung von 100 Dollar pro Bestellung eingegangen.

Waco Model W Aristocraft (Archiv: Eberhard Kranz)

Die Entwicklung der Waco Model W Aristocraft wurde eingestellt

Gleichzeitig deutete sich aber ein starker Rückgang der Verkaufszahlen für Leichtflugzeuge an, die die Hersteller zu einem verschärften Preiskampf zwangen. In dieser Situation entschied das Managment von Waco am 2.Juni 1947 die weitere Entwicklung des Typs W ab sofort einzustellen und den Flugzeugbau komplett aufzugeben. Der erste Prototyp wurde demontiert und in einem Schuppen eingelagert, während der der im bau befindliche zweite Prototyp, von dem der Rumpf und eine Tragfläche bereits fertig gestellt waren, sofort verschrottet wurde. Die Besteller der Maschinen erhielten alle ihre getätigte Anzahlung zurück. Damit war das Kapitel Flugzeugbau bei Waco abgeschlossen.

Waco Model W Aristocraft II (Archiv: Eberhard Kranz)

Der Prototyp der Waco Model W Aristocraft wurde neu aufgebaut

Im November 1962 stellte man fest, dass der eingelagerte erste Prototyp bei Waco in Troy noch existierte und sich in einem recht guten Zustand befand. Terry O’Neill aus Fort Wayne erwarb das Flugzeug im Dezember 1962 mit einer Menge Ersatzteile, einem zweiten Motor, Luftschraube, Kupplung und Untersetzungsgetriebe sowie des kompletten Zeichnungssatzes und einer vollständigen Dokumentation. Das Flugzeug war unbeschädigt, lediglich zwei Löcher waren in der Bespannung und aus dem Armaturenbrett waren nur der Höhenmesser und das Radio ausgebaut worden.

In mühsamer Kleinarbeit gelang es ihm mit seinen Freunden, die Maschine wieder in einen flugfähigen Zustand zu versetzen. Die FAA veranlasste eine Flugfähigkeitsuntersuchung, die Maschine erhielt eine zeitlich begrenzte Flugtüchtigkeitszulassung und so konnte nach über 17 Jahren die Aristocraft wieder vom Boden abheben. Bereits 1963 war aber klar, dass im ursprünglichen Zustand das Flugzeug nicht flugfähig gehalten werden konnte und Terry O’Neill baute die Maschine bis zur Unkenntlichkeit um. Als Aristocraft II bezeichnet, die aber die konstruktiven Eigenheiten des Ursprungsmodells nicht mehr hatte und eher einer Cessna 172 Skyhawk ähnelte, fliegt er noch heute mit der historischen Zulassung N 34219 auf Flugshows und Treffen historischer Flugzeuge. Die Maschine hat jetzt als Antrieb einen Sechszylinder-Boxermotor Lycoming IO-360 mit 200 PS (147 kW) Startleistung und sieht eben wie ein selbstgebautes Baukastenflugzeug aus.

Waco Model W Aristocraft (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Waco Model W Aristocraft

Land: USA
Verwendung: leichtes Mehrzweckflugzeug

Triebwerk: ein  luftgekühlter Sechszylinder-Boxermotor Franklin 6A8-215 B8F  mit verstellbaren Zweiblatt-Metall-Propeller „Curtiss“
Startleistung:   215 PS  (158 kW)
Dauerleistung:   165 PS (121 kW) in 2.500 m  

Erstflug: 31. Dezember 1946
Besatzung: 1Pilot und 3 Fluggäste

Abmessungen:

Spannweite: 10,59 m

Länge: 8,46 m

größte Höhe: 2,06 m

Spannweite Höhenleitwerk: 3,36 m

größte Flügeltiefe: 1,45 m

größte Flügeldicke:  m

größte Rumpfhöhe: 1,58 m

größte Rumpfbreite: 1,32 m

Propellerdurchmesser: 1,98 m

Propellerfläche:  3,08m²

Winkel der Propellerebene zur Längsachse: 10°

Spurweite:  1,55 m

Radstand: 2,62 m

Flügelfläche: 13,00 m²

V-Form :  +1,5°

Streckung: 8,63

Massen:

Leermasse: 1.016 kg

Startmasse normal: 1.525 kg

Startmasse maximal: 1.610 kg

Tankinhalt: 227,1Liter

Schmierstoff: 18,9 Liter

Flächenbelastung: 123,85 kg/m²

Leistungsbelastung: 7,49 kg/PS  (10,19 kg/kW)

Leistungen:

Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 285 km/h

Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: 297 km/h

Reisegeschwindigkeit in  3.000 m:  244 km/h

wirtschaftlichste Reisegeschwindigkeit in 3.000 m: 212 km/h

Mindestgeschwindigkeit: 91 km/h

Startgeschwindigkeit: 112 km/h

Landegeschwindigkeit: 104 km/h

Gipfelhöhe: 4.500 m

Steigleistung: 4,9 m/s

Steigzeit auf 1.000 m: 3,5 min

Steigzeit auf 3.000 m:  13,0 min

Reichweite normal: 840 km

Reichweite maximal:  1.060 km

Flugdauer:  4 h

Startstrecke: 240 m

Landestrecke: 300 m

Eberhard Kranz

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