Folland Fo. 139 Midge

01.11.2014 EK
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Folland Fo. 139 Midge, Land: Grossbritannien Bei der Midge handelte es sich um ein Versuchsflugzeug, welches das Konzept für ein kleines Jagdflugzeug mit Stahltriebwerk bestätigen sollte. Spannweite: 6,30 m, Länge: 8,76 m , Geschwindigkeit: 982 km/h.

Der Chefkonstrukteur von Folland Aircraft Ltd., W. E. W. Petter, war ein entschiedener Anhänger der Idee eines Leichtbaujägers, da dieser in seinen Augen gegenüber den immer schwerer werdenden neuen Jägern der Royal Air Force, mehrere entscheidende Vorteile bot. Voraussetzung für die Schaffung eines solchen Leichtbaujägers war aber die Existenz eines entsprechend leichten Strahltriebwerkes. Dies schien 1951 mit der Entwicklung des Bristol Strahltriebwerks ?Saturn?, einem Einwellentriebwerk axialer Bauweise mit einem neunstufigen Verdichter und einer geplanten Schubleistung von 1.757 kp gegeben zu sein. Kaum standen die vorläufigen Baumaße des Triebwerks fest, ging man bei Folland in Privatinitiative daran, eine leichte Zelle um diesen Antrieb zu konstruieren. Die Konstruktion sollte möglichst klein werden, ohne aber auf hochwertige Aerodynamik und entsprechende Baustoffe zu verzichten. Die Maschine erhielt die Bezeichnung Folland Fo.141 Gnat und war als einsitziger Schulterdecker mit Pfeilflügeln, gepfeiltem Normalleitwerk und einziehbarem Fahrwerk. Die Lufteinläufe befanden sich an den Rumpfseiten auf der Höhe des Kabinenendes. Die Maschine war in Ganzmetallbauweise vorgesehen, wobei der Rumpf in Ganzschalenbauweise ausgeführt werden sollte. Mitten in die anlaufenden Konstruktionsarbeiten fiel die Entscheidung, die Entwicklung des Saturn Triebwerks einzustellen und statt dessen ein stärkeres zu entwickeln, das zwar auf dem ?Saturn? basierte, aber größer und schwerer sein sollte, allerdings auch über eine gesteigerte Leistung verfügen würde. Das neue Triebwerk erhielt die Bezeichnung ?Orpheus? war ebenfalls ein Einwellentriebwerk in axialer Bauweise und verfügte über einen siebenstufigen Verdichter und eine einstufige Turbine. Die ersten Serientriebwerke sollten allerdings erst 1955 zur Verfügung stehen.

Folland Fo. 139 Midge (Archiv: Eberhard Kranz)

Folland sah sich gezwungen die Midge zu entwickeln

So lange wollte man sich bei Folland nicht gedulden. Um die Richtigkeit der Leichtjägertheorie zu beweisen, entschlossen sich Petter und sein Entwicklungsteam, ein Versuchsflugzeug mit der Bezeichnung Fo.139 Midge zu deutsch ?Mücke? oder ?Zwerg?, zu bauen. Das Flugzeug sollte ähnliche Abmaße wie die geplante Fo.141 haben, als Antrieb wollte man aber das vorhandene Treibwerk Armstrong Siddeley Viper 101 verwenden, das allerdings einen Schub von lediglich 758 kp abgab. Das Triebwerk sollte laut Hersteller auch aller 10 Betriebstunden gründlich überprüft werden, dieser Intervall schien Petter und seinem Team unannehmbar kurz, da es aber keine Alternative gab, wurde er akzeptiert. Während des Flugbetriebs stellte sich später ein Intervall von 50 Betriebsstunden als ausreichend heraus. Das Triebwerk war ebenfalls ein Axialtriebwerk mit siebenstufigen Verdichter und einstufiger Turbine, allerdings mit deutlich kleineren Abmessungen als das ?Saturn?, nämlich maximaler Durchmesser 0,508 m, Länge 1,6754 m und Gewicht 180 kg und nur ein Drittel der Schubleistung. Also musste die Maschine besonders leicht gebaut werden und auch die aerodynamische Gestaltung wurde nochmals überarbeitet und nach neuesten Erkenntnissen optimiert.

Folland Fo. 139 Midge (Archiv: Eberhard Kranz)

Konstruktionsmerkmale der Folland Fo.139 Midge

Die Fo.139 ähnelte in ihrem Aufbau der geplanten Fo.141, nur waren ihre Abmessungen noch geringer. Die Maschine war ein einsitziger Schulterdecker in Ganzmetallbauweise. Der Rumpf war in Schalenbauweise ausgeführt, das Triebwerk befand sich im Rumpfheck, wodurch ein kurzes, strömungsgünstigeres Ausstrahlrohr möglich wurde. Die Lufteinläufe waren seitlich auf Höhe der Pilotenkabine angebracht und ragten bis vor die Flügelwurzeln. Die beiden Einströmkanäle wurden hinter dem Tragflügel zum Triebwerk hin vereint. Die Kabine war in die Rumpfstruktur eingestrakt und trag eine Plexiglas Vollsicht Haube, die nach oben und hinten aufklappbar war und im Notfall abgesprengt werden konnte. Die Frontscheibe war als plane Panzerscheibe ausgebildet.
Zwei kleine separate ovale Fenster im hinteren Teil der Kabine ermöglichten einen, wenn auch stark beschränkten, Blick nach hinten. Für den Piloten stand im Notfall ein Martin-Baker Schleudersitz zur Verfügung. Der Haupttank war hinter der Kabine zwischen den Flügelholmen eingebaut. Seitlich am Rumpfheck waren vor dem Höhenleitwerk je eine Bremsfläche pro Seite angebracht, die hydraulisch aus- und eingefahren wurden. Das Bugfahrwerk bestand aus dem zwillingsbereiften Bugrad, das um 90 Grad lenkbar war und nach hinten in den Rumpfbug eingefahren wurde. Das Hauptfahrwerk war an dem Rumpfspant, der gleichzeitig den Triebwerksbereich vom Vorderrumpf trennte und auch als Brandschott diente, angeschlagen. Die einrädrigen Hauptfahrwerke, ölhydraulisch gedämpft, wurden nach hinten in den Rupfboden eingefahren. Die Räder verfügten über ein ölhydraulisches Bremssystem. Die gepfeilten Tragflächen mit einer negativen V Stellung waren mit einem verdrehfesten Holmkasten, bestehend aus dem Hauptholm und einem Hilfsholm und formgebenden Rippen, versehen und in Schalenbauweise ausgeführt, wobei die Verkleidungsbleche je nach Beanspruchung unterschiedliche Dicken besaßen. Die Querruder waren als Kombiruder ausgeführt, sie dienten auch als Bremsklappen. Die gepfeilten Höhenleitwerksflossen waren tief am Rumpfheck angebracht und ebenfalls in Schalenbauweise ausgeführt. Das gepfeilte Seitenleitwerk war aerodynamisch mit dem Rückenkanal auf dem Rumpfoberteil verbunden. Im Ende des Rückenkanals war Platz für den Einbau eines Bremsschirms vorgesehen.

Folland Fo. 139 Midge (Archiv: Eberhard Kranz)

Erprobung der Folland Fo.139 Midge

Im Juni 1954 war die Maschine fertig gestellt und konnte an die Bodenerprobung abgegeben werden. Nach der Überarbeitung der Bremsanlage, die als zu schwach empfunden wurde, wurde die Maschine ohne weitere Mängel für den Erstflug freigegeben. Dieser fand am 11. August 1954 auf dem Werksflugplatz in Boscombe Down statt. Die Maschine zeigte ein sehr gutmütiges Flugverhalten und wurde fast täglich geflogen. So brachte es die Maschine auf fast 10 Flugstunden innerhalb der ersten 14 Tage nach dem Jungfernflug. Ohne die Ergebnisse der Flugerprobung abzuwarten, hatte man bei Folland bereits grünes Licht für die Weiterentwicklung der Fo.141, den eigentlichen Leichtbaujäger gegeben. Ende September 1954 gelang mit der Fo.139 im Bahnneigungsflug das Durchbrechen der Schallmauer, für ein Flugzeug mit einem so schwachen Triebwerk eine erstaunliche Leistung. Die Maschine wurde von Piloten verschiedenster Luftwaffen des Empire geflogen, wie zum Beispiel der Royal Canadian Navy Air Force, Indian Air Force, der Royal New Sealand Air Force, der Royal Jordanian Air Force und der Syrischen Luftwaffe.

Folland Fo. 139 Midge (Archiv: Eberhard Kranz)

Absturz einer Testmaschine

Am 26. September 1955 ging nach 220 Flügen mit insgesamt 110 Flugstunden und 33 Flugminuten die Maschine bei einem Hochgeschwindigkeitsflug verloren, wobei der Schweizer Pilot das Leben verlor. Untersuchungen der Wrackteile und der Bordinstrumente konnten keine Hinweise auf ein Versagen von Flugzeugzelle oder Triebwerk erbringen. Das Konzept des schnellen Leichtbaujägers hatte sich als realisierbar dargestellt. Später wurde es mit dem Bau der Fo.141 Gnat und ihrem indischen Pedant Ajeet eindrucksvoll bewiesen.

Folland Fo. 139 Midge (Archiv: Eberhard Kranz)

Technische Daten: Folland Fo.139 Midge

Land: Großbritannien
Verwendung: Versuchsflugzeug
Triebwerk: ein Strahltriebwerk Armstrong Siddeley ?Viper 101? als Einwellentriebwerk mit siebenstufigem Axialverdichter und ein stufiger Turbine
Startleistung: 758 kp (7,346 kN)
Dauerleistung: 690 kp (6,769kN) in 5.800 m
Besatzung: 1 Mann
Erstflug: 11. August 1954

Spannweite: 6,30 m
Länge: 8,76 m
größte Höhe: 3,75 m
Spannweite Höhenleitwerk: 3,00 m
Spurweite: 2,06 m
Radstand: 2,92 m
Flügelfläche: 11,61 m²
V-Form: -4,5°
Flügelstreckung: 3,42
Massen: to delete
Leermasse: 1.180 kg
Startmasse normal: 1.960 kg
Startmasse maximal: 2.040 kg
Tankinhalt: 570 Liter
Flächenbelastung: 175,71 kg/m²
Leistungsbelastung: 2,69 kg/kp (2,74 kg/N)
Leistungen: to delete
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 966 km/h
Höchstgeschwindigkeit in 5.800 m: 982 km/h
Marschgeschwindigkeit in 7.000 m: 845 km/h
Landegeschwindigkeit: 205 km/h
Gipfelhöhe: 12.190 m
Steigleistung: 24,0 m/s
Steigzeit auf 1.000 m: 40 s
Steigzeit auf 5.000 m: 3,5 min
Steigzeit auf 10.000 m: 8 min
Reichweite normal: 840 km
Reichweite maximal: 930 km
Flugdauer: 1,00 h

Bewaffnung: keine
Bombenlast: keine

Text: Eberhard Kranz

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